Am Ohmberg-Bischofferode

St. Marien

Anschrift Kirche
Bischofferöder Hauptstraße 12
37345 Am Ohmberg-Bischofferode
  • Informationen
    Kontakt / Öffnungszeiten Kirche Bitte beim Pfarramt erfragen!
    Anschrift Pfarramt Katholische Pfarrgemeinde "St. Marien" Bischofferode
    Bischofferöder Hauptstraße 12
    37345 Am Ohmberg-Bischofferode
    06077 29247
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    Öffnungszeiten Pfarramt DI: 15.00 - 17.00 Uhr
    DO: 9.00 - 11.00 Uhr
    Gottesdienstzeiten Kirche Die aktuellen Gottesdienstzeiten können online eingesehen werden unter: www.sankt-marien-bischofferode.de/gottesdienstordnung//.
    Kirchen in Deutschlands Mitte

Drei Tage

Unerwartet heftig trifft sie den Eintretenden, die raumsprengende Installation in St. Marien. Wo die Dorfkirchen im Eichsfeld, einer katholischen Enklave im protestantischen Thüringen, sonst eher barock ausgestattet sind, kommt Bischofferode einer (kleinen) Sensation gleich. Die abstrakte Neugestaltung der 1970er Jahre stellt einen überlebensgroßen, kantigen, archaisch wirkenden Gekreuzigten in den Mittelpunkt. Er ist eines jener ausdrucksstarken „geistigen Zeichen“ des Künstlers Friedrich Press. Und er gehört zu einem den ganzen Chorraum symbolisch aufladenden Konzept, das die Heiligen drei Tage versinnbildlicht: Gründonnerstag, Karfreitag, Ostersonntag.

  • Überblick
    Ort
    Am Ohmberg-Bischofferode

    Bistum
    Bistum Erfurt

    Name der Kirche
    St. Marien

    Weihe
    1938 (14. August)

    Architekt
    Kurt Matern

    Künstler
    Friedrich Press, Max Schneider
    Besonderheit
    Mit seiner ausdrucksstarken Innenraumgestaltung versinnbildlichte der Künstler Friedrich Press die Heiligen drei Tage: Gründonnerstag, Karfreitag, Ostersonntag.

    Nutzung
    Gemeindekirche (eine der Kirchen des Pfarreiverbunds)

    Standort / Städtebau
    Östlich der Bischofferöder Hauptstraße steht die Kirche St. Marien frei und von allen Seiten gut wahrnehmbar im historischen Ortskern.

  • Beschreibung

    Grundriss und Außenbau

    Am Ohmberg-Bischofferode | St. Marien | Foto: Das Archiv für rechnische Dokumente (superborg.de), CC BY SA 2.0

    Am Ohmberg-Bischofferode | St. Marien | Foto: Das Archiv für rechnische Dokumente (superborg.de), CC BY SA 2.0

    St. Marien zeigt den Grundriss einer dreischiffigen Basilika. Der Westturm ist eingezogen, im Osten findet sich ein ebenfalls eingezogener Rechteckchor mit darüber angeordnetem Turm.

    Im Osten des Außenbaus ist über dem Chorraum ein Turm mit Schweifhaube angeordnet. Die verputzte Fassade des gedrungenen Schiffs wird gegliedert durch Rundbogenfenster, die zu Drillingsgruppen zusammengefasst sind. Das Dach des Kirchenschiffs ist als Spitztonne ausgeformt und mit Kupferplatten gedeckt. Am Westgiebel, an der Sockelzone und den Strebepfeilern zwischen den Fenstergruppen sind rustizierte Kalksteinquaderflächen auszumachen. Kalksteinquader an den Ecken und Gewänden des Hauptzugangs und der Fenster betonen den verputzten Westturm. Dessen oberer Bereich, der Aufsatz mit Helm und Laterne, ist verschiefert.

     

    Innenraum

    Am Ohmberg-Bischofferode | St. Marien | Innenraum | Foto: Wolfgang Lukassek

    Am Ohmberg-Bischofferode | St. Marien | Foto: Wolfgang Lukassek

    Der Innenraum wird durch das tiefgezogene Spitztonnengewölbe mit Rippengeflecht (Zollinger Lamellendach) geprägt. Spitzbogenarkaden trennen die beiden Seitenschiffe vom Hauptraum, der Chor ist durch einen hohen Spitzbogen vom Kirchenschiff geschieden. Im Westteil findet sich eine Empore, die durch zwei seitliche Rundfenster belichtet wird.

  • Liturgie und Raum
    Am Ohmberg-Bischofferode | St. Marien | Kreuz | Foto: Wolfgang Lukassek

    Am Ohmberg-Bischofferode | St. Marien | Kreuz | Foto: Wolfgang Lukassek

    Friedrich Press schuf für St. Marien 1972 eine neue liturgische Gruppe: Die Skulptur des Gekreuzigten soll mit ihren stark abstrahierten Wunden die göttliche Liebe verdeutlichen, die den Tod überwunden hat. Der Chorraum versinnbildlicht demnach das Geheimnis der Heiligen drei Tage (Gründonnerstag, Karfreitag, Ostersonntag): Die verfremdete Gestaltung der Tischgemeinschaft symbolisiert den Gründonnerstag. Hier bilden die schemenhaft geformten Jünger gleichsam selbst den Altartisch, um den sich die Gemeinde von drei Seiten versammeln kann. Die Darstellung des Gekreuzigten verdeutlicht seine Hingabe am Karfreitag ebenso wie die Auferstehung am Ostersonntag. Bei jeder Eucharistiefeier am Altar wird dieses Geschehen vergegenwärtigt, wird an Jesu Tod und Auferstehung erinnert.

  • Ausstattung
    Am Ohmberg-Bischofferode | St. Marien | Marienfigur | Foto: Wolfgang Lukassek

    Am Ohmberg-Bischofferode | St. Marien | Marienfigur | Foto: Wolfgang Lukassek

    Den Gekreuzigten gestaltete Friedrich Press aus geleimten und gebeizten Nadelholzbrettern zum Thema „Karfreitag, Die fünf Wunden Christi, Herz Jesu“. Die kompakte Struktur des Altars aus geleimten, teils gesandelten und teils gebeizten Nadelholzbrettern zeigt die Jünger beim letzten Abendmahl. Auch der Tabernakel mit Ewigem Licht und der Ambo mit reversiblem Standfuß wurden aus diesem Material gefertigt. Vier hölzerne Standleuchter sind in die hölzerne Altarinsel eingebunden. Das Ensemble wurde von Press schließlich um zwei weitere Standleuchter und eine Madonna mit Kind aus Nadelholz erweitert. Für die Vorstehersitze hatte Press im Chorbogen eine holzverkleidete Stufe vorgesehen. Diese wurde jedoch von den Nutzern nicht angenommen, weshalb die Gemeinde für den Chorraum nachträglich schlichte Hocker erwarb. Der Kreuzweg ist eine Töpferarbeit mit Zinnglasur (Majolika) des Künstlers Max Schneider aus dem Jahr 1971. Weitere nennenswerte Ausstattungsstücke sind z. B. die hölzernen Figuren einer Mondsichelmadonna (18. Jahrhundert), der Heiligen Veronika (16. Jahrhundert) und des Urban (um 1500). Die Orgel wurde 1974 vom VEB (Volkseigener Betrieb) Orgelbau Bautzen gefertigt.

  • Von der Idee zum Raum
    Kalibergwerg Bischofferode und Ort Holungen im Jahr 1941 | Foto: Gerhard Haubold, GFDL oder CC BY SA 3.0

    Kalibergwerg Bischofferode und Ort Holungen im Jahr 1941 | Foto: Gerhard Haubold, GFDL oder CC BY SA 3.0

    Im Jahre 1932 errichtete man das Schiff und den Chor nach den Plänen des Paderborner Architekten Kurt Matern im Stil des Neuen Bauens. Dabei wurde der bestehende Turm von 1608 mit einbezogen. Am 14. August 1938 weihte Bischof Johannes Dietz aus Fulda die Kirche. Anfang der 1970er Jahre beauftragte der damalige Gemeindepfarrer Meinolf Dunkel den Bildhauer Friedrich Press mit einer Neugestaltung des erhöht liegenden Chorraums. Hierfür wurde die neugotische Innenausstattung entfernt. Von 1986 bis 1995 erfolgte die Außensanierung, 1997 erhielt die Kirche eine neue Innenausmalung.

  • Der Architekt Kurt Matern und der Künstler Friedrich Press
    Paderborn | Priesterseminar | Foto: ludger1961, GFDL oder CC BY SA 3.0

    Paderborn | Priesterseminar | Foto: ludger1961, GFDL oder CC BY SA 3.0

    Kurt Matern (1884-1968) war Dom- und Diözesanbaumeister sowie Maler in Paderborn. Sein Studium hatte er in Karlsruhe und Danzig absolviert und war bis zum Regierungsbaumeister aufgestiegen. 1915 wechselte er auf die Stelle als Diözesanbaumeister in Paderborn. Dort gründete er im selben Jahr ein Architekturbüro, das inzwischen in der dritten Generation fortgeführt wird. Auf die Entwürfe von Matern gehen in Paderborn z. B. das Priesterseminar (1931) und der Wiederaufbau des kriegszerstörten Doms zurück. Auch sein malerisches Werk fand Anerkennung, wurde in Ausstellungen in Danzig und Berlin gezeigt.

    Friedrich Press (1904-90) war ausgebildeter Holz- und Steinbildhauer. Nachdem er in Dortmund, Berlin und Dresden studiert hatte, war er ab 1935 in der Elbestadt ansässig. Er beschäftigte sich vor allem mit sakraler Kunst und Kirchenraumgestaltungen. Wegen seiner expressiven Ausdruckskraft beauftragte man ihn gerne für liturgische Neuordnungen, die nach den Zweiten Vatikanum notwendig wurden. Press lebte und arbeitete in der DDR, wurde aber durch seine Werke weit über deren Grenzen hinaus bekannt. So wurden z. B. bereits 1967 zwei seiner Konzepte für bundesdeutsche Kirchen verwirklicht. Bis ins hohe Alter fertigte Press in der Regel die Ausstattungsstücke seiner Kirchengestaltungen auch handwerklich selbst an.

  • Literatur (Auswahl)
    • F. A. Heinen: Die Spur führt nach Paderborn, in: Kölner Stadt-Anzeiger 6. März 2004 (Abruf: 2. Juli 2017).
    • Wolfgang Lukassek: Pfarrkirche St. Marien (Mariä Geburt), Bischofferode, in: alte und neue Kunst 37/38, 1998, 104.
    • Jürgen Lenssen/Walter Zahner: Friedrich Press, Regensburg 2010, 264f.
    • Rolf-Günther Lucke u. a.: Die Kirchen im Eichsfeld. Kirchen und Kunstführer, hg. vom Verein für Eichsfeldische Heimatkunde e. V. und vom Heimatverein Goldene Mark (Untereichsfeld) e. V., Duderstadt 2005, 31f.
    • Friedrich Press 1904-1990. Kirchenräume in Brandenburg, hg. vom Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege und Archäologischen Landesmuseum, Berlin 2008, 26 f.
    • Matthias Schmidt: Die Dorfkirchen im Landkreis Eichsfeld, Heiligenstadt 2000, 30 f.
    • Internetpräsenz von Matern Architekten: maternarchitekten.de/wordpress/.

     

    Wir danken allen Bildgebern für ihre freundliche Unterstützung: Die Bildnachweise werden jeweils am Bild selbst geführt.

Text: Dr. Verena Schädler, Weißenburg (online seit 07/2017)

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