Kiel

Universitätskirche

Anschrift Kirche
Westring 387
24118 Kiel
  • Informationen
    Kontakt / Öffnungszeiten Kirche Zur Webseite
    Während des Semesters ca. 9.00 - 18.00 Uhr (Schlüssel an der Pforte der Universität)
    Anschrift Pfarramt Evangelische Studierendengemeinde Kiel
    Westring 385/387a
    24118 Kiel
    0431 8802655
    E-Mail
    Zur Webseite
    Öffnungszeiten Pfarramt Bitte telefonisch oder per mail erfragen!
    Gottesdienstzeiten Kirche In der Vorlesungszeit: SO 10.30 Uhr.
    Die aktuellen Gottesdienstzeiten können online eingesehen werden unter: www.esg-kiel.de/gottesdienste-in-der-unikirche/.
    Kirchen im Norden

Auf die Spitze gestellt

Die Universitätskirche ist auf das Wesentliche reduziert: ein gleichschenkliges Dreieck, das sich vom Grundriss über die Plexiglaslampen bis zu den Betonformsteinen durch den ganzen Raum zieht. Mit dieser konsequenten Gestaltung behauptet sich die Kirche mühelos zwischen den stereometrischen Baukörpern des Neuen Forums in der nachkriegsmodernen Universität zu Kiel. Den Architekten Ernst Weidling, Herbert Weidling und Erhart Kettner wurde ihr Dreieck ausgelegt als der Geist der Wissenschaften. Kettner selbst erinnert sich eher an ästhetische und städtebauliche Gründe. Andere Experten sehen hier die biblische Stiftshütte oder die göttliche Dreieinigkeit. Und in Kiel spricht man schlicht von der „Gebetsabschussrampe“.

  • Überblick
    Ort
    Kiel

    Landeskirche
    Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland (Nordkirche)


    Name der Kirche
    Universitätskirche

    Einweihung
    1965 (28. November)

    Architekten
    Erhart Kettner, Ernst Weidling, Herbert Weidling

    Künstler
    Ekkehart Kaschel, Jan Koblasa, Britta Tiedemann
    Besonderheit
    In Kiel entstand 1965 die erste protestantische Universitätskirche der Bundesrepublik der Nachkriegszeit. Die konsequente Umsetzung der Dreiecksform zeigt, vor allen in den Betonformsteinen, Anklänge an den Wiederaufbau der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche in Berlin (Egon Eiermann, 1961/63).

    Nutzung
    Universitätsgottesdienste

    Standort / Städtebau
    Im Norden der Stadt Kiel, auf dem Neuen Forum der nachkriegsmodernen Universität zu Kiel, steht die Kirche an der Ecke von "Westring" und "Am Studentenhaus" – mit der Spitze des Baukörpers nach Osten zum Westring hin vorgerückt.

  • Beschreibung

    Grundriss

    Kiel | Universitätskirche | Lageplan

    Wo die Seitenstraße „Am Studentenhaus“ auf den Westring trifft, zeichnet der Kirchengrundriss die Form eines gleichschenkligen Dreiecks. Eine Spitze weist zum Westring, eine weitere zu „Am Studentenhaus“. An der straßenabgewandten Dreiecksspitze sitzt ein Anbau auf rechteckiger Grundfläche, zwischen Kirche und Anbau steht zum Westring hin ein Glockenträger.

    Außenbau

    Kiel | Universitätskirche | Foto: © Jürgen Haacks

    Das Kirchenprisma ruht auf einem dreistufigen rechteckigen Podest. Die Stahlkonstruktion wird durch ein Raster dreieckiger Betonformsteine ausgefüllt. Im Osten zum Westring hin erreicht das aufsteigende Kirchendach seinen höchsten Punkt, der flachgedeckte Anbau hingegen bleibt eingeschossig. Die Glockenstube des stählernen „Turms“ ruht auf zwei fast filigran wirkenden Stützen. An ihm vorbei wird die Kirche von Osten über einen Vorraum im Anbau erschlossen.

    Innenraum

    Kiel | Universitätskirche | Foto: © Jürgen Haacks

    Der Besucher gelangt über das Foyer unter die Orgelempore im Westen des Kirchenraums. Zwischen zwei Bankblöcken führt der Weg zum Altarraum im Osten, wo die Kirche ihren höchsten Punkt erreicht. Hier, in der Spitze des Dreiecks, liegt die um eine Stufe erhöhte Altarinsel. Der Altar, über dem ein stählernes Kreuz hängt, wird gerahmt von zwei Ambonen und hinterfangen von der Kanzel.

  • Liturgie und Raum

    Kiel | Universitätskirche | Foto: © Jürgen Haacks

     

    In der Planungsphase zur neuen Universitätskirche dachte man zunächst an einen „mehrkonfessionellen“ Gottesdienstraum. Stattdessen entstand eine protestantische Predigtstätte, die jedoch rasch auch als Ort für orthodoxe Gottesdienste und „gemeinsame(r) Gebetsgottesdienste der evangelischen und katholischen Studentengemeinde“ (Braunert 1967) genutzt wurde. Das Gebäude der Universitätskirche liegt im Besitz der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche). Zum Universitätsprediger wird in der Regel (und in Abstimmung mit der Landeskirche) einer der theologischen Professoren benannt, seine Arbeit wird durch das sog. Kirchenkollegium aus Universitätsvertretern begleitet.

  • Ausstattung

    Kiel | Universitätskirche | Foto: © Jürgen Haacks

     

    Die Lichtstimmung wird durch die Betonformsteine geprägt, deren Gläser von Gelb über Violett bis zu Blau getönt sind. Das den Altar hinterfangende Triptychon von Britta Tiedemann greift dieses Farb- und Formenspiel auf und ergänzt die Buchstaben Alpha und Omega. Das (von der Gemeinde aus gesehen) rechte Pult trägt ein Nagelkreuz, das an die deutsche Bombardierung der Kathedrale von Coventry im November 1940 erinnert. Den Altar rahmen zwei „Fahnen“, die Werke „Fly I“ und „Fly II“ des Künstlers Jan Koblasa. Im Foyer findet sich der Wandteppich „Golgatha“ von Ekkehart Kaschel. Die Orgel stammt aus der Wilhelmshavener Werkstatt Alfred Führer.

  • Von der Idee zum Bau

    Kiel | Studentenwohnheim | Foto: Matthias Süßen, CC BY SA 4.0

     

    Die Kieler Universität wurde im Jahr 1655 gegründet, ihr diente Hl. Geist im Franziskanerkloster in der Altstadt als Universitätskirche. Dieser Bau wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört, seine Überreste sind heute Teil eines Studentenwohnheims. Zunächst wurden die Universitätsgottesdienste in wechselnden Provisorien, dann in der gerade fertiggestellten Mensa abgehalten. 1959 gründeten Professoren den „Bauverein Universitätskirche Kiel“, der zunächst den Wiederaufbau des zerstörten Bauwerks im Auge hatte. 1961 lobte man schließlich den Wettbewerb für einen Neubau inmitten des entstehenden Neuen Forums der Universität aus, den die Architekten Ernst Weidling, Herbert Weidling und Erhart Kettner gewannen. Die Bauarbeiten begannen 1964 und pünktlich zum 300. Jubiläum der Universitätsgründung konnte die Kirche am ersten Adventssonntag, dem 28. November 1965, eingeweiht werden. Eine in der Dreiecksspitze hinter dem Altarraum befindliche kleine Sakristei gab man rasch auf. Stattdessen entstand in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre der eingeschossige flachgedeckte Anbau mit Foyer und einer geräumigeren Sakristei.

  • Die Architekten Ernst Weidling, Herbert Weidling und Erhart Kettner
    Herbert Weidling | Foto: CDU-Wahlplakat (Detail), 1979, CC BY SA 3.0

    Portrait Herbert Weidling | Foto: CDU-Wahlplakat (Detail), 1979, CC BY SA 3.0

    Der Architekt Herbert Weidling wurde am 25. April 1920 in Eckholz bei Kiel geboren. 1959 wirkte er als Dozent an der Eckernförder Staatsbauschule, zeitgleich errichtete er als freier Architekt den Unterkunftsbereich in Kropp für den Fliegerhorst Jagel. Weidling gehörte zu den Gründern der Architektenkammer Schleswig-Holstein, die er von 1966 bis 1971 als Präsident leitete. Ebenso engagierte er sich als Politiker (CDU), war von 1982 bis 1983 Mitglied im schleswig-holsteinischen Landtag. Herbert Weidling verstarb am 1. Februar 2015 im Alter von 94 Jahren.

    Am Wettbewerb um die neue Kieler Universitätskirche beteiligte sich Herbert Weidling mit seinem Vater Ernst Weidling (* 1895). Letzterer verließ das gemeinsame Büro nach dem Wettbewerb. An seiner Stelle trat Erhart Kettner (* 1930) in die Gemeinschaft ein, an der er zuvor als freier Mitarbeiter beteiligt war. Kettner und Herbert Weidling etablierten sich in Kiel und Umgebung vor allem mit öffentlichen Bauten – in wechselnden Büropartnerschaften: zunächst Herbert Weidling mit Erhart Kettner, später stieß Jörg Werner hinzu. 1989 verließ Herbert Weidling das Büro, dem Kettner mit verschiedenen Partnern noch bis 1997 angehören sollte. An Kieler Bauten wären z. B. zu nennen: das Wohnhaus in der Reventlouallee 3 (1956, E. und H. Weidling), das Gerichtshaus (1984, H. Weidling/E. Kettner/J. Werner), die Bordesholmer Sparkasse (1997, E. Kettner/J. Werner/C. Wolf). Erhart Kettner und Herbert Weidling studierten beide bei Egon Eiermann, so erinnert etwa das Betonformstein-Raster der Universitätskirche Kiel an den Wiederaufbau der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche (1961/63, E. Eiermann).

     

  • Literatur (Auswahl)
    • Oliver Auge (Hg.): Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. 350 Jahre Wirken in Stadt, Land und Welt, Kiel/Hamburg 2015.
    • Horst Braunert: Die Universitätskirche. Gedanken zum Plan und seiner Verwirklichung, in: Christiana Albertina 1996, 1, 17-19.
    • Astrid Hansen/Nils Meyer: Universität als Denkmal. Der Campus der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (Beiträge zur Denkmalpflege in Schleswig-Holstein 1), Kiel 2011.
    • Rudolf Jaeger: Die Baugeschichte der Universität, in: Rudolf Jaeger u. a. (Bearb.): Geschichte der Christian-Albrechts-Universität Kiel. 1655-1965. Bd. 1, 2. Allgemeine Entwicklung der Universität, 117-202, hierin: 196.
    • Dieter-Jürgen Mehlhorn: Architekturführer Kiel, Berlin 2010, 2. Auflage.
    • Anna Minta: Sakralbaukunst auf dem Kieler Campus: Konzepte und Konflikte, in: Christiana Albertina 72, 2011, 5-19.
    • Preise, in: Das Münster 14, 1961, 11/12, 448 (Preisträger des Wettbewerbs um die Universitätskirche Kiel).
    • Reiner Preul: Die Kieler Universitätskirche, auf: Theologische Fakultät, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (Abrufdatum: 28. Januar 2018, https://web.archive.org/web/20110607225605/http://www.uni-kiel.de/fak/theol/einrichtungen/uk/uk_geschichte.shtml).
    • Uwe Schüler: Die Architekten des Landes Schleswig-Holstein trauern um Herbert Weidling, Freischaffender Architekt BDA, 1920-2015, auf: Architekten- und Ingenieurkammer Schleswig-Holstein (Abrufdatum: 29. Januar 2018, www.aik-sh.de/kammermitglieder/kammernachrichten/?detail=4484).

     

    Wir danken allen Bildgebern für ihre freundliche Unterstützung: Die Bildnachweise werden jeweils am Bild selbst geführt.

Text: Dr. Karin Berkemann, Frankfurt am Main/Greifswald (Beitrag online seit 02/2018)

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