Ludwigshafen

Friedenskirche

Anschrift Kirche
Leuschnerstraße 56
67063 Ludwigshafen
  • Informationen
    Kontakt / Öffnungszeiten Kirche Öffnungszeiten bei Bedarf und Anmeldung (Schlüssel im Pfarramt).
    Anschrift Pfarramt Ludwigshafen Nord
    Leuschnerstraße 56
    67063 Ludwigshafen
    0621 695435
    E-Mail
    Zur Webseite
    Öffnungszeiten Pfarramt MO: 13.00 - 15.00 Uhr
    DO: 9.00 - 11.00 Uhr
    Gottesdienstzeiten Kirche SO: 10.00 Uhr

    Die aktuellen Veranstaltungen können online eingesehen werden unter: www,veranstaltungen-friedenskirche.de.
    Kirchen im Südwesten

Vom „Seelengasometer“ zum „Tempel“

Die im Volksmund etwas despektierlich als „Seelengasometer“ bezeichnete Friedenskirche, ein von einem Turm bekrönter Rundbau, wurde gleich zweimal errichtet: Das kriegszerstörte Baukunstwerk der Ludwigshafener Architekten Karl Latteyer und Hans Schneider wurde 1956 unter Einbeziehung der alten Eisenbetonkonstruktion von Ernst Zinsser aus Hannover wiederaufgebaut. Zinsser überführte die (ursprünglich geschlossene) Rundform mit einem filigranen Säulenumgang und einem durchlichteten Betonraster in die Leichtigkeit der Nachkriegsmoderne. Das „Seelengasometer“ verwandelte sich in einen „Vesta-Tempel“.

  • Überblick
    Ort
    Ludwigshafen

    Landeskirche
    Evangelische Kirche der Pfalz


    Name der Kirche
    Friedenskirche

    Einweihung
    1932 (17. Juli, Wiederaufbau: 22. April 1956)

    Architekten
    Karl Latteyer, Hans Schneider, Ernst Zinsser

    Künstler
    Harry McLean, Max Slevogt
    Besonderheit
    Die Kirche wurde in enger Anlehnung an den kriegszerstörten, 1921/32 von Karl Latteyer (mit Hans Schneider) errichteten Vorgängerbau 1956 von Ernst Zinsser neu konzipiert.

    Nutzung
    Predigtstätte der Protestantischen Kirchengemeinde Ludwigshafen Nord (Friedenskirche)

    Standort / Städtebau
    Die Kirche ist Ausgangspunkt einer städtebaulichen Achse, die über die ab 1920 entstandene, heute denkmalgeschützte Ebertsiedlung zum Eingang des 1925 eröffneten Ebertparks führt.

  • Beschreibung

    Grundriss

    Ludwigshafen | Friedenskirche | Grundriss

    Ludwigshafen | Friedenskirche | Grundriss

    Der Vorgängerbau entstand über kreisrundem Grundriss mit einem Durchmesser von 35 Metern. Ein schmaler Portikus war dem Eingangsportal vorgestellt. Beim Wiederaufbau wurde die Kreisform beibehalten und der Innenraum auf einen Durchmesser von 30 Metern verkürzt. Zusammen mit einem neu konzipierten äußeren Säulenumgang, der die Kirche zu drei Vierteln umzieht, während das vierte Viertel durch den über den Kreis hinaus erweiterten Chor besetzt wird, beträgt der Außendurchmesser nun 38 Meter.

     

    Außenbau

    Ludwigshafen | Friedenskirche | Foto: Michaela Kalusok/Jürgen Wiener

    Ludwigshafen | Friedenskirche | Foto: Michaela Kalusok/Jürgen Wiener

    Im Vergleich zur Vorgängerkirche, die mit insgesamt 54,5 Metern steil emporragte, wirkt der heutige Außenbau gedrungener und breiter. Dies liegt zum einen an der um 3 Meter gekürzten Turmhöhe (nun 9 Meter), zum anderen am Umgang mit seinen Doppelsäulen, die im Gegensatz zu dem steilen Portikus der alten Kirche stärker die Horizontale betonen. Zudem vermittelt ein Kegeldach zwischen Kirchenbau und Turm, während vorher drei zylindrische Baukörper übereinander gestaffelt waren. Die Außenwand wird geformt durch ein – letztlich auf Auguste Perrets Nôtre-Dame-du-Raincy (1922/23) zurückgehendes – Raster aus rechteckigen bzw. quadratischen Betonelementen, die für die Verglasung ein feineres Raster aus Quadraten bzw. durchkreuzten Kreisen ausbilden. Den Turm umziehen Sichtbeton-Strebepfeiler, zwischen die ebenfalls Betonrasterelemente in Rechteck-, Quadrat- und Kreisform gespannt sind. Mehr noch als die Vorgängerkirche ist der Wiederaufbau in Proportion und Gliederung der Essener Auferstehungskirche (1929) von Otto Bartning verpflichtet.

     

    Innenraum

    Ludwigshafen | Friedenskirche | Foto: Michaela Kalusok/Jürgen Wiener

    Ludwigshafen | Friedenskirche | Foto: Michaela Kalusok/Jürgen Wiener

    Im Gegensatz zum Vorgängerbau ist der Innenraum der Kirche zweigeschossig angelegt. Im Erdgeschoss befinden sich die Gemeinderäume und ein Foyer, von dem aus man beidseitig wie in einem Theater über geschwungene Treppen zum Kirchenraum aufsteigt. Die Zweigeschossigkeit veränderte die Proportionen des Kirchenraums. Während den Vorgängerbau ein steiler, von schmalen Fenstern beleuchteter Innenraum auszeichnete, öffnet sich jetzt ein durch das hell verglaste Betonraster durchlichteter Raum. Im Westen ist eine Orgelempore eingezogen, im Osten ist der durch eine Betonschale geschlossene Chor angefügt.

  • Liturgie und Raum
    Ludwigshafen | Friedenskirche | Altarraum | Foto: Michaela Kalusok/Jürgen Wiener

    Ludwigshafen | Friedenskirche | Altarraum | Foto: Michaela Kalusok/Jürgen Wiener

    Das im kreisrunden Innenraum radial ausgerichtete Gestühl befindet sich, in gehörigem Abstand abgerückt vom Chor, wie vor einer Bühne, die durch die goldfarbene Folie des Kreuzigungsbildes hinterfangen wird. Überdies schirmen zwei Betonpfeiler den Altarraum von der Gemeinde ab. Zwischen den Pfeilern steht der über vier Stufen hinausgehobene Altar, hinter dem sich das große Bild des Gekreuzigten erhebt. Kanzel und Taufbecken rahmen das Podest. So wird die Gemeinde streng auf den Altar hin ausgerichtet, was der Kreisform der Kirche entgegenwirkt.

  • Ausstattung
    Ludwigshafen | Friedenskirche | Altarwand | Foto: Michaela Kalusok/Jürgen Wiener

    Ludwigshafen | Friedenskirche | Altarraum | Foto: Michaela Kalusok/Jürgen Wiener

    Das monumentale Golgatha-Fresko von Max Slevogt (1868-1932), das die gesamte Altarwand einnahm, wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Entwürfe dazu sind im Untergeschoss zu sehen. Das Fresko zeigte hoch auf einem Felsen den Gekreuzigten und die beiden Schächer in einem zeitgenössischen, noch von den Schrecken des Ersten Weltkriegs gezeichneten Zusammenhang: Leichenträger, Arbeiter, die eine Bahre mit Kranken tragen, trauernde und flehende Frauen umringen das Kreuz. Slevogts Fresko wurde im Neubau ersetzt durch ein gebogenes, den Altar hinterfangendes Mosaik des Heidelberger Malers und Bildhauers Harry McLean (1908-94): Der aus Glasmosaik gebildete Kruzifixus schwebt vor einer matten Kupferfolie, ist umgeben von Seraphim und Fischen als Christussymbol. Kanzel, Altar und das kreisrunde Taufbecken wurden aus schwarzem Marmor gefertigt. Der Osterleuchter, ebenso wie das Geländer der Kanzel und die Taufschale bzw. ihr Deckel mit einer stilisierten Taube als Griff zeigen das Material Messing. Die Orgel wurde 1958 von der Werkstatt G. F. Steinmeyer aus Oettingen gefertigt.

  • Von der Idee zum Bau
    Ludwigshafen | Friedenskirche | Foto: Michaela Kalusok/Jürgen Wiener

    Ludwigshafen | Friedenskirche | Foto: Michaela Kalusok/Jürgen Wiener

    Bereits 1924/25 wurden erste Planungen für eine neue Kirche angestellt, um zwischen der Apostelkirche (Ludwigshafen-Hemshof) und der Pauluskirche (Ludwigshafen-Friesenheim) den stark wachsenden Gemeindemitgliederzahlen Rechnung zu tragen. Der Bau sollte Ausgangspunkt einer städtebaulichen Achse werden, die über die seit 1920 erbaute Ebertsiedlung bis zum 1925 eröffneten Ebertpark führt. 1925/26 wurden zwei Wettbewerbe ausgeschrieben, welche die Kirche sowie das Pfarrhaus und ein Schwestern- und Gemeindehaus umfassten. Ausgewählt wurde der Entwurf der Ludwigshafener Architekten Karl Latteyer (1884-1959) und Hans Schneider. Der Grundstein wurde am 6. April 1931 gelegt, die Einweihung am 17. Juli 1932 gefeiert.

    Mehrere Bombenangriffe zerstörten die Kirche 1943/44, es blieben nur die tragenden Stützen und der Turm erhalten. Bereits 1947 stellte man mit der BASF Überlegungen zu einem Abriss bzw. dem Wiederaufbau an. Die BASF schrieb ein (2013/14 abgerissenes) Verwaltungsgebäude zum Wettbewerb aus, den das Düsseldorfer Architekturbüro HPP (Hentrich, Petschnigg und Partner) für sich entschied. Der zweite Preis ging an Ernst Zinsser, dem sozusagen als „Trostpreis“ der Wiederaufbau der Friedenskirche zugesprochen wurde. Der Architekt des Vorgängerbaus, Karl Latteyer, sollte die Bauleitung übernehmen. Am 22. April 1956 wurde die Kirche eingeweiht. 1957 kam das Pfarrhaus und 1959 ein Kindergarten hinzu. Seit 1992 steht die Friedenskirche unter Denkmalschutz, die Statik wurde von 2009 bis 2015 saniert.

    Abbildungen zur Vorgängerkirche finden Sie hier auf der Gemeindehomepage.

  • Die Architekten Karl Latteyer und Ernst Zinsser
    Ludwigshafen | Friedenskirche | Foto: Michaela Kalusok/Jürgen Wiener

    Ludwigshafen | Friedenskirche | Foto: Michaela Kalusok/Jürgen Wiener

    Der Architekt der Vorgängerkirche, Karl Latteyer, wurde am 5. Juli 1884 in Frankfurt am Main geboren. Sein frühestes Werk in Ludwigshafen, wo er bis zu seinem Tod am 1. Dezember 1959 lebte und arbeitete, war der Bebauungsplan der dortigen Gartenstadt. Er arbeitete in verschiedenen Sozietäten wie mit Karl Schuler, Alfred Koch und Hans Schneider, mit dem er die Friedenskirche baute. Weitere prominente Werke Latteyers, der neben Sakralbauten auch für Wohnsiedlungen, Denkmäler, Brunnen und städtebauliche Arbeiten verantwortlich zeichnete, sind in Ludwigshafen: die Erlöserkirche (1931-32, mit Otto Schittenhelm) in der Gartenstadt, der 1969 abgerissene Ufa-Palst (1932-34, mit Alfred Koch) und die „Gasolin-Tankstelle“ (1952-53, mit Alfred Koch).

    Ernst Zinsser wurde am 26. Juni 1904 in Köln geboren. Sein Architekturstudium absolvierte er in Danzig, Dresden, Stuttgart (bei Paul Schmitthenner und Paul Bonatz) und in Karlsruhe (bei Max Laeuger), wo er 1929 sein Diplom erlangte. Ab 1931 schlug er die Laufbahn im höheren bautechnischen Verwaltungsdienst ein, zunächst in Berlin und danach in Köln. Ab 1934 leitete Zinsser mit Fritz Schaller, der nach 1945 als katholischer Kirchenbauer erfolgreich werden sollte, ein Architekturbüro in Berlin. Seine Mitarbeit bei den Vereinigten Leichtmetallwerke (VLW) zog ihn nach Hannover, wo er bis zu seinem Tod am 16. Dezember 1985 lebte. Einen der ersten Aufträge nach seinem Umzug nach Hannover führte er für seinen Schwager Konrad Adenauer aus, dessen Haus in Rhöndorf er entwarf. Während des Zweiten Weltkriegs war Zinsser als Architekt für die Rüstungsindustrie der VLW tätig. Von 1947 bis 1971 wirkte er als Professor an der TH Hannover und führte dort sein Architekturbüro fort. Sein Werk umfasst vorwiegend Industrie- und Verwaltungsgebäude ebenso wie Wohnhäuser und Siedlungen. Im Sakralbau hingegen tätigte er lediglich den Wiederaufbau der St. Marienkirche in Laatzen und der Friedenskirche in Ludwigshafen.

  • Literatur (Auswahl)
    • Friedhelm Borggrefe: Unterwegs zum Hafen der Hoffnung, 150 Jahre Protestantische Kirche in Ludwigshafen am Rhein. Ludwigshafen am Rhein 2003.
    • Hans Caspary: Ludwigshafen am Rhein (Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz 8; Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler), München 1984.
    • Festschrift zur Einweihung der Friedenskirche in Ludwigshafen a. Rh., Leuschnerstraße 58, am Sonntag Jubilate, dem 22. April 1956, Ludwigshafen 1956.
    • Die Friedenskirche Ludwigshafen. Die Kirche von 1932 bis heute mit den Altarbildern von Max Slevogt (1932) und Harry MacLean (1956), hg. vom Förderkreis Friedenskirche e. V., FK-Schriftenreihe 1, Ludwigshafen 2006.
    • Ralph Haas: Ernst Zinsser. Leben und Werk eines Architekten der Fünfziger Jahre in Hannover, Hannover 2000.
    • Friedrich Schmitt: Ludwigshafener Kirchenbau, Ludwigshafen/Rhein 1985.

     

    Wir danken allen Bildgebern für ihre freundliche Unterstützung: Die Bildnachweise werden jeweils am Bild selbst geführt.

Text: Dr. Michaela Kalusok, Düsseldorf Beitrag online seit 12/2017)

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