München-Gern
St. Laurentius
Nürnberger Straße 54
80637 München
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Informationen
Kontakt / Öffnungszeiten Kirche Zur Webseite
8.00 - 17.00 Uhr Anschrift Pfarramt Katholisches Pfarramt St. Laurentius
Nürnberger Straße 54
80637 München
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Öffnungszeiten Pfarramt Das Pfarramt ist telefonisch unter 089/1593970 und per E-Mail zu erreichen. Der Parteiverkehr ist bis auf weiteres eingestellt.
Gottesdienstzeiten Kirche Aktuelle Gottesdienstzeiten und Veranstaltungshinweise finden Sie online unter: www.laurentius-muenchen.de/ueber-uns/unsere-gottesdienste/.
Kirchen im Süden
An der Wiege
Längst schon waren die Reformen ersehnt, erdacht und erprobt, aber noch wenig konkret baulich umgesetzt. In München-Gern, am Ufer des Nymphenburg-Biedersteiner Kanals, wurden die Ideen der Liturgischen Bewegung schon 1955, Jahre vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65), eindrucksvoll inszeniert: Der Altar ist hier bis heute geistliche und räumliche Mitte der Messe und die Gemeinde versammelt sich darum. Sie nimmt Anteil am Geschehen und feiert die Liturgie in ihrer Muttersprache. So stand die Laurentiuskirche – mit Stichworten wie umbaute Mitte, Einfachheit und Materialechtheit – an der Wiege des modernen katholischen Kirchenbaus.
- ÜberblickOrt
München-Gern
Bistum
Erzbistum München und Freising
Name der Kirche
St. Laurentius
Weihe
1955 (27. November)
Architekten
Emil Steffann, Siegfried Östreicher
Künstler
Max Faller, Roland Friedrichsen, Karl Knappe, Edith Steinberg-Mannefeld, Georg Probst, Fritz SchwerdtBesonderheit
Mit der Laurentiuskirche verwirklichte Emil Steffann 1955 meisterhaft den Geist franziskanischer Einfachheit, menschlichen Maßes und liturgischer Ästhetik – und setzte rund zehn Jahre vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65) dessen Reformgedanken um.
Nutzung
Pfarrkirche
Standort / Städtebau
In München-Gern, am Ufer des Nymphenburg-Biedersteinerer Kanals, wird St. Laurentius umgeben von zwei- bis fünfgeschossigen Siedlungsbauten. Eine Mulde mit altem Baumbestand nimmt das Ensemble aus Kirche, Gemeinde- und Pfarrhaus auf. - Beschreibung
Grundriss
Der Grundriss entspringt klaren Grundelementen: Rechteck und (Halb-)Kreis als Rundbogen. Zur halbkreisförmigen Konche im Westen legt sich im Osten der Gemeinderaum in einem Querrechteck, das (nimmt man den Eingangsbereich hinzu) einem Quadrat nahekommt. Im Nordosten ist die Taufkapelle auf U-förmigem Grundriss angegliedert.
Außenbau
Das Gemeindezentrum findet sich in einer Mulde, sodass die Kirche als höchster Teil die umliegenden Häuser
kaum überragt. Lediglich das Kreuz auf dem Dachfirst bezeichnet den schlichten Bau als Kirche. Das Ensemble, verbunden durch einen überdachten Wandelgang, umfängt den begrünten Innenhof. Die Satteldächer sind mit schwarzgrauen Eternitplatten gedeckt, das massive Mauerwerk zeigt hart gebrannte Ziegel mit feinen roten Farbabstufungen. Eine Wandscheibe nimmt die sichtbare Glocke auf.Innenraum
Man betritt die Kirche vom offenen überdachten Vorraum durch ein Rundbogenportal.
Rundbögen prägen auch den Innenraum: Als Arkaden öffnen sie den niedrigeren, wie ein Querschiff vorgelagerten Eingangsbereich hin zum lichten Feierraum. Der Altar wird von den Bänken hufeisenförmig umfangen. Die vierte Seite schließt den Kreis mit dem Platz des Vorstehers auf der dreifach gestuften Altarinsel. Die Innenwände sind weiß geschlämmt, die stützenlose Decke zeigt hellblau gefasste Fichtenbretter im Fischgrätenmuster. Über einer Zone vorgeblendeter Rundbögen öffnen sich an den Schmalseiten des Gemeinderaums klarverglaste Rundbogenfenster. Der Tabernakel findet sich auf einem Altar an der Stirnwand des Eingangsbereichs. Nicht weit entfernt gelangt man über Stufen hinab zur Taufkapelle. - Liturgie und Raum
Der fast asketisch wirkende Kirchraum strahlt Festlichkeit, freiheitgebende Klarheit und bergende Wärme aus. Nichts lenkt ab vom Wesentlichen: der Gemeinde, die sich hier versammelt, vom Wort Gottes, das sie hört und von dem eucharistischen Mahl, das am Altar gefeiert wird. Heinrich Kahlefeld (1903-80), Oratorianer des heiligen Philip Neri und einer der theologischen Vordenker dieser Kirche, nannte sie einen zentral akzentuierten Ort. Die Oratorianer, denen seit Gründung die Seelsorge in dieser Gemeinde anvertraut ist und die im Pfarrhaus leben, waren maßgeblich an der Konzeption des Kirchenraums beteiligt. Die Liturgie, die sie in St. Laurentius feiern, macht diese Freiheit und Wahrhaftigkeit bis heute erlebbar.
- Ausstattung
In der Tabernakelnische zeigt das Wandmosaik des Künstlers Karl Knappe (1884-1970) einen Lebensbaum. Der Goldschmied Fritz Schwerdt (1901-70) schuf viele liturgische Einrichtungsgegenstände der Kirche: den Tabernakel als flachen, mit vergoldeten Kupferblechen verkleideten und mit Edelsteinen besetzten Hostienschrein; das blaue Emaille-Vortragekreuz vor dem Altar mit einem Elfenbeinkorpus von der Münsteraner Künstlerin Edith Steinberg-Mannefeld (in den Fastenzeiten wird es gegen ein schlichteres Bronze-Kreuz von Roland Friedrichsen ausgetauscht); links und rechts des Altarblockes je drei bronzene Altarleuchter. Der Taufbrunnen wurde vom Münchener Bildhauer Georg Probst (1933-76) gestaltet, darüber hängt eine bronzene Taube des Künstlers Max Faller (1927-2012). Dazu nimmt einer der Arkadenbögen eine Skulptur auf, sie zeigt den Heiligen Laurentius, den Patron der Kirche. Die spätgotische Marienfigur findet ihren Platz seitlich vom Altar.
- Von der Idee zum Bau
Mit der Liturgischen Bewegung verband sich in Deutschland im frühen 20. Jahrhundert die Idee, dass die Gemeinde aktiv am Geschehen teilnehmen solle: Der Priester zelebrierte nicht mehr mit dem Rücken zur Gemeinde, sondern ihr zugewandt, sodass der Altar in die Mitte rückte. Die Muttersprache hielt Einzug in die Liturgie. Theologen und Architekten wie Romano Guardini, Heinrich Kahlefeld oder Rudolf Schwarz waren mit dieser Entwicklung maßgeblich verbunden. Auf Gemeindeebene zeigte die Münchener Laurentiuskirche diese Ideen als einer der ersten Gottesdiensträume in konsequenter Form. Nachdem die katholische Gemeinde in München-Gern 1953/54 selbständig geworden war, wurden die Oratorianer mit der Seelsorge betraut, die Architekten Emil Steffann und Siegfried Östreicher mit der Planung einer neuen Kirche beauftragt und der Bauplatz in einer ehemaligen Kleingartenanlage hergerichtet. So konnte der Grundstein für St. Laurentius am 26. Juni 1955 gelegt, die Weihe bereits am 27. November desselben Jahres gefeiert werden. 1962 ergänzte man die Taufkapelle, bis 1970 das übrige Pfarrzentrum.
- Der Architekten Emil Steffann und Siegfried Östreicher
Emil Steffann wurde am 31. Januar 1899 in Bethel bei Bielefeld geboren. Nach dem Abitur wurde er zum Militärdienst eingezogen. Sein Weg führte ihn an die Kunst- und Handwerkerschule in Berlin. Es folgten Jahre des handwerklichen bildhauerischen Tuns und des Reisens, u. a. auch nach Assisi, wo er zur katholischen Kirche konvertiert. Hier entschied er auch, sich der Architektur zuzuwenden. Steffann wurde freischaffender Architekt und alsbald, jung verheiratet, wieder zum Militärdienst eingezogen. Wenig später lernte er bei Projekten im Wiederaufbau den Architekten Rudolf Schwarz kennen, dessen Aachener Fronleichnamskirche ihn faszinierte.
Mit dem Auftrag zum Wiederaufbau der Kölner Franziskanerkirche zog Steffann mit seiner Familie von Lübeck nach Mehlem am Rhein. Hier wohnte er in einem einfachen Holzhaus, das zugleich sein Atelier war. Er lebte, was er baute, und baute, was er lebte. In seinem Atelier, in dem nie mehr als vier Mitarbeiter beschäftigt waren, entstanden die Entwürfe für über 40 Kirchen und ebenso viele Projekte im Sozialbau. Sein besonderes Interesse galt dem Wiederaufbau kriegszerstörter Kirchen, in denen er oft die Ideen der Liturgischen Bewegung umsetzte. So z. B. im Dom zu Münster, wo der Altar – ebenso wie in St. Laurentius in München – in die Mitte der Kirche rückte. Am 13. Juli 1968 starb Emil Steffann in Bonn im Alter von 69 Jahren an den Folgen eines Autounfalls.
Für St. Laurentius arbeitete Steffan zusammen mit dem bayerischen Architekten Siegfried Östreicher (1919-2003). Dieser reüssierte zwischen Donau und Inn mit Kirchenneubauten im Geist der Liturgischen Bewegung. Nach seinen Entwürfen entstanden z. B. die Kapelle der Benediktinerabtei Venio (1953) und St. Hildegard (1962) in München, Zum Heiligen Abendmahl (1965) in Wörthsee sowie St. Konrad (1965) und Christkönig (1970) in Passau. Auch im Bestand hinterließ Östreicher Spuren, so z. B. mit der Renovierung und liturgischen Neuordnung der Münchener Kirche Leiden Christi (1965).
- Literatur (Auswahl)
- Tino Grisi: „Können wir noch Kirchen bauen?“ Emil Steffann und sein Atelier, Regensburg 2014.
- Johannes Heimbach: „Quellen menschlichen Seins und Bauens offenhalten“. Der Kirchenbaumeister Emil Steffann (1899-1968), Altenberge 1995.
- Heinrich Kahlefeld: Kirche St. Laurentius in München, in: kunst und kirche 26, 1963, 2-10.
- Conrad Lienhardt (Hg.): Emil Steffann (1899-1968). Werk, Theorie, Wirkung, Regensburg 1999.
- Christine Riedl-Valder: München, Benediktinerabtei Venio, auf: Haus der bayerischen Geschichte. Klöster in Bayern (www.hdbg.eu/kloster/web/index.php/detail/geschichte?id=KS0858, Abrufdatum: 19. Oktober 2017).
- Freimut Scholz: St. Laurentius in München. Architektur, Ausstattung, Bedeutung, hg. vom Oratorium des Heiligen Phillip Neri und der Gemeinde St. Laurentius, München 2004.
- Walter Zahner: Emil Steffann und das „menschliche Maß“ im Kirchenbau, in: kunst und kirche 2017, 3, 8-13.
Wir danken allen Bildgebern für ihre freundliche Unterstützung: Die Bildnachweise werden jeweils am Bild selbst geführt.