Pforzheim

Auferstehungskirche

Anschrift Kirche
Mathystraße 10
75173 Pforzheim
  • Informationen
    Kontakt / Öffnungszeiten Kirche Schlüssel beim Pfarramt (Schwarzwaldstraße 61)
    Anschrift Pfarramt Evangelische Johannesgemeinde Pforzheim
    Schwarzwaldstraße 61
    75173 Pforzheim
    07231 23431
    E-Mail
    Zur Webseite
    Öffnungszeiten Pfarramt DI - FR: 9.00 - 12.00 Uhr
    Gottesdienstzeiten Kirche SO/FEIERTAGE: 10.00 Uhr
    Kirchen im Südwesten

Die Erste ihrer Art

Umgeben von einer großen Wiese, liegt die Auferstehungskirche auf dem Weiherberg im Westen von Pforzheim. Das breitgelagerte Dach, der nicht sonderlich hohe Glockenturm lassen an ein einfaches Bauwerk denken. Doch diese Idylle täuscht über die Anfänge hinweg: Am 23. Februar 1945 wurde Pforzheim fast völlig zerstört. Inmitten dieser Trümmerwüste begann man im Mai 1946 mit dem Bau der ersten evangelischen Kirche Nachkriegsdeutschlands. Sie war zugleich der Startpunkt des Notkirchen-Programms, für das Otto Bartning ein zeit- und kostensparendes System entwickelte: Vorgefertige Holzbinder formen einen pragmatischen und zugleich feierlichen Gottedienstraum. Sein Pforzheimer Pilotprojekt nannte Bartning 1948 eine „Kirche in der Wüste“. Ein knappes halbes Hundert sollten innerhalb weniger Jahre folgen.

  • Überblick
    Ort
    Pforzheim

    Landeskirche
    Evangelische Landeskirche in Baden


    Name der Kirche
    Auferstehungskirche

    Einweihung
    1948 (24. Oktober)

    Architekt
    Otto Bartning

    Künstler
    Klaus Arnold
    Besonderheit
    Die Pforzheimer Auferstehungskirche war die erste evangelischen Kirche Nachkriegsdeutschlands und zugleich der Startpunkt von Otto Bartnings Notkirchen-Programm.

    Nutzung
    evangelische Gemeindekirche im Dekanat Pforzheim

    Standort / Städtebau
    Das Bauwerk steht frei auf einem Wiesengrundstück auf dem Weiherberg im Westen von Pforzheim.

  • Beschreibung

    Grundriss

    Pforzheim | Auferstehungskirche | Grundriss

    Pforzheim | Auferstehungskirche | Grundriss

    Die Kirche steht frei innerhalb des geräumigen Grundstücks in Nordsüdrichtung, mit der Eingangsseite zur Goebenstraße hin orientiert. An den rechteckigen, einschiffigen Grundriss schließt ein polygonaler Altarraum an, der über fünf Seiten eines Zehnecks gebildet ist. Seitlich der Fassade steht auf quadratischer Grundfläche der Glockenturm, der auch den Haupteingang zur Kirche aufnimmt. Ein zweiter Eingang führt von der Mathystraße über eine mehrfach abgesetzte Treppe zur rechten Seite der Kirche. An den Kirchenlängsraum sind schmale Räume auf rechteckigen Grundrissen angegliedert.

     

    Außenbau

    Pforzheim | Auferstehungskirche | Foto: Harald Spies, Pforzheim

    Pforzheim | Auferstehungskirche | Foto: Harald Spies, Pforzheim

    Die unverputzten Außenmauern von Kirche und Turm sind ohne jegliche gliedernde Elemente aus Natursteinen gefertigt, die in jeder Hinsicht unterschiedlich sind: in Größe, Bearbeitung und Material. Es handelt sich um Trümmersteine der zerstörten Stadt. Darunter finden sich auch einzelne skulpierte Steine, die offensichtlich von historischen Gebäude der Altstadt stammen. Die Außenmauern besitzen nur in der Frontseite eine Reihe von rechteckigen Fenstern und im Giebel ein Rundfenster. Die Längseiten und die Apsis bestehen dagegen aus durchgehendem Mauerwerk, auf dem ein niedriges Fensterband aufsitzt. Darüber liegt die große Fläche des Ziegeldachs. Der seitlich stehende Turm besitzt kleine, versetzt angelegte Fenster, die dem Treppenlauf im Innern folgen. Die Schallarkaden unter dem Turmdach wirken wie Zinnen.

     

    Innenraum

    Pforzheim | Auferstehungskirche | Foto: Ev. Johannesgemeinde Pforzheim/Günter Beck

    Pforzheim | Auferstehungskirche | Foto: Ev. Johannesgemeinde Pforzheim/Günter Beck

    Über den Haupteingang eintretend, wird der Besucher unter der Empore hervor und zwischen zwei Bankblöcken hindurch zum dreifach gestuften Altarraum im Norden geleitet. Der gesamte Kirchenraum ist geprägt durch die dunklen Holzbinder, die das Langhaus wie das Apsispolygon formen, im Winkel zum Dachfirst emporführen und dort zusammentreffen. Im Wandbereich wurden die Freiräume mit roten Ziegelsteinen ausgefacht, in der Deckenzone hingegen mit dunklem Holz verkleidet.

  • Liturgie und Raum
    Pforzheim | Auferstehungskirche | Emporenabtrennung | Foto: Jürgen Krüger, Karlsruhe

    Pforzheim | Auferstehungskirche | Emporenabtrennung | Foto: Jürgen Krüger, Karlsruhe

    In der Auferstehungskirche verbinden sich festgelegte und flexible Zonen zu einem „atmenden“ Kirchenraum: Das Apsispolygon ist zu beiden Seiten mit einer niedrigen Ziegelmauer vom Raum der Gemeinde geschieden. Diese Zone bietet Raum für alle liturgischen Handlungen. Zur Linken ragt der Kanzelkorb leicht in das Langhaus hinein, im rechten Abschnitt steht der Taufstein. Der Altartisch ist gefügt aus einer massiven Holzplatte, die auf zwei Steinwangen ruht. Gegenüber zum Altarraum liegt die Empore, unter der ein Bereich durch Klappläden für kleinere Gemeindeveranstaltungen abgetrennt werden kann. Bei größeren Gottesdiensten und Veranstaltungen lässt sich diese Raumreserve aber ebenso als Verlängerung des Kirchenschiffs bestuhlen. Damit verband Otto Bartning programmatisch Gottesdienst und Gemeindearbeit, Liturgie und Diakonie, unter einem Dach.

  • Ausstattung
    Pforzheim | Auferstehungskirche | Glasgestaltung | Foto: Ev. Johannesgemeinde Pforzheim/Günter Beck

    Pforzheim | Auferstehungskirche | Glasgestaltung | Foto: Ev. Johannesgemeinde Pforzheim/Günter Beck

    Das hinter dem Altartisch aufragende Holzkruzifix stammt aus dem Spätmittelalter. Es wurde aus den Ruinen Pforzheims geborgen und für die Aufstellung restauriert. Außer dem Kruzifix und einzelnen steinernen Spolienstücken in den Außenmauern wurde (fast) die gesamte Ausstattung von Otto Bartning entworfen: Kanzel und Taufstein bilden schlichte stereometrische Körper. Dazu gehören ebenso die Holzbänke, Lampen, Türgriffe, Treppenläufe, Beschläge und Klappläden unter der Empore. Die erste Komplex-Orgel wurde 1956 durch eine Walcker-Orgel ersetzt. 1966 ergänzte man die abstrakte Bleiglasgestaltung durch den Künstler Klaus Arnold.

  • Von der Idee zum Bau
    Pforzheim | Auferstehungskirche | Foto: Ev. Johannesgemeinde Pforzheim/Archiv bzw. privat, Ansicht von 1948

    Pforzheim | Auferstehungskirche | Foto: Ev. Johannesgemeinde Pforzheim/Archiv bzw. privat, Ansicht von 1948

    Die Pforzheimer Ortsgemeinde auf dem Weiherberg war bereits 1907 gegründet, jedoch 1911 zunächst nur das Pfarrhaus errichtet worden. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg erklärte sich die badische Landeskirche bereit, den Architekten Otto Bartning bei seinem Notkirchen-Konzept zu unterstützen: eine Kirche aus vorgefertigten Holzbindern. Das Material wurde durch den Weltkirchenrat beschafft. Wichtige Geberländer waren lutherische Kirchen in den USA, in Schweden und in der Schweiz. Die Finanzierung wurde zu je einem Drittel von der Landeskirche, der Kirchengemeinde und dem Evangelischen Hilfswerk übernommen. Die Gemeinde selbst verpflichtete sich, mit viel Eigenleistung für die Bauarbeiten aufzukommen und das übrige Material – zumeist Trümmersteine – zu besorgen. Otto Bartning fertigte vier standardisierte Entwürfe für serielle Kirchen, mit denen zeit- und kostensparend ca. 50 Kirchen gebaut wurden. Die Pforzheimer Kirche wurde der Prototyp: Am 8. Mai 1946 legte man den Grundstein, feierte am 24. Oktober 1948 die Einweihung. Der Turm wurde erst später auf die jetzige Höhe gebracht, 1981 erneuerte man die Kirchenbänke.

  • Der Architekt Otto Bartning

    Darmstadt | Matthäuskirche | Schnitt „Typ B“

    Otto Bartning (* 1883 Karlsruhe, + 1959 Darmstadt) absolvierte sein Architekturstudium (ohne vorherigen ordentlichen Abschluss) in Charlottenburg (heute Berlin). Bereits 1905 war er als freischaffender Architekt tätig. Bei der Gründung des Bauhauses war er ab 1918 maßgeblich beteiligt, indem er das Programm formulierte. Während der Zeit des Nationalsozialismus war Bartning zunächst noch in Berlin tätig, dann in Neckarsteinach bzw. Heidelberg, wo er das kirchliche Bauamt leitete. In dieser Zeit war er u. a. mit der Betreuung der deutschen evangelischen Kirchen im Ausland beschäftigt (Barcelona, Lissabon, Paris u. v. m.). Nach dem Krieg konnte er in vieler Beziehung auf seine Erfahrungen der 1920er Jahre aufbauen.

    Kirchenbau war von Anfang an sein wichtigstes Betätigungsfeld, zunächst plante und verwirklichte er Diasporakirchen. In den 1920er Jahren entstanden seine wichtigsten programmatischen Schriften zum Kirchenbau der Moderne und wegweisende Projekte wie die Stahlkirche (Köln, dann Essen) oder die Gustav-Adolf-Kirche ein Berlin-Charlottenburg. 1924 in Königsberg mit dem theologischen Ehrendoktor geehrt, war er 1949 Mitbegründer des Evangelischen Kirchbautags. In seinem Bauen wie in seinen theoretischen Schriften widmete er sich der Schaffung einer rationell errichteten und gut funktionierenden Predigtkirche.

  • Literatur (Auswahl)
    • Werner Durth/Wolfgang Pehnt/Sandra Wagner-Conzelmann: Otto Bartning. Architekt einer sozialen Moderne, Darmstadt 2017.
    • Chris Gerbing: Die Auferstehungskirche in Pforzheim. Otto Bartnings Kirchenbau im Spannungsfeld zwischen Moderne und Traditionalismus, Regensburg 2001.
    • Helmut Lerch/Jürgen Bredow: Otto Bartning. Materialien zum Werk des Architekten, Darmstadt 1983.
    • Zeichen der Hoffnung. 50 Jahre Auferstehungskirche Pforzheim 1948-1998, Pforzheim 1998.
    • Fotoporträt zur Auferstehungskirche Pforzheim, mit Aufanhmen von Helmut Spies, auf: flickr.com (www.flickr.com/photos/hwspies/31251985207/in/dateposted/, Abrufdatum: 7. Dezember 2018).
    • Wir danken allen Bildgebern für ihre freundliche Unterstützung: Die Bildnachweise werden jeweils am Bild selbst geführt, sie werden beim Klick auf das jeweilige Bild sichtbar.
Text: Prof. Dr. Jürgen Krüger, Karlsruhe (Beitrag online seit 12/2018)

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