Ulm

Pauluskirche

Anschrift Kirche
Frauenstraße 110
89073 Ulm
  • Informationen
    Kontakt / Öffnungszeiten Kirche Zur Webseite
    DI - SO: 9:00 - 17:00 Uhr
    Anschrift Pfarramt Evangelische Kirchengemeinde Pauluskirche Ulm
    Münsterplatz 21
    89073 Ulm
    0731 379945-14
    E-Mail
    Zur Webseite
    Öffnungszeiten Pfarramt DI - DO: 9.00 Uhr - 12.00 Uhr
    MI: 14.00 Uhr - 17.00 Uhr

    Gottesdienstzeiten Kirche Aktuelle Gottesdienstzeiten und Veranstaltungshinweise können online abgerufen werden unter: www.pauluskirche-ulm.de/gottesdienste.html.
    Kirchen im Südwesten

„Ein feste Burg“

Wer sich auf die württembergische Stadt Ulm zubewegt, sieht schon von Weitem den „höchsten Kirchturm der Welt“: den 161,53 Meter aufragenden Münsterturm. Nähert man sich weiter, so fällt bald die stilisierte Doppelturmfassade der protestantischen Pauluskirche ins Auge. Ein, wenn auch deutlich niedriger, doch monumentaler und trutziger Gegenpol zum filigranen gotischen Münster. Diese zur Schau gestellte Wehrhaftigkeit ist kein Zufall, war die Pauluskirche doch als Garnisonskirche errichtet und lange auch genutzt worden. Bei genauerem Hinsehen offenbart sich der Einsatz des seinerzeit im Kirchenbau noch revolutionären Materials Eisenbeton. Dem Architekten Theodor Fischer gelang so 1910 eine moderne Interpretation des aus der Romanik stammenden Motivs der wehrhaften Gottesburg.

  • Überblick
    Ort
    Ulm

    Landeskirche
    Evangelische Landeskirche in Württemberg 


    Name der Kirche
    Pauluskirche

    Einweihung
    1910 (8. November)

    Architekt
    Theodor Fischer

    Künstler
    Klaus Arnold, Jakob Brüllmann, Emil Epple, Adolf Hölzel
    Besonderheit
    In Ulm schuf Theodor Fischer 1910 einen der ersten deutschen Kirchenbauten mit nach außen und innen sichtbaren Eisenbetonelementen.

    Nutzung
    Gemeindekirche der ev. Paulusgemeinde (ehemals Garnisonskirche)

    Standort / Städtebau
    Die auf Fernsicht angelegte Pauluskirche liegt an der Frauenstraße, welche die Verlängerung einer Süd-Nord Achse durch den alten Stadtkern bildet. In der Sichtachse von der Pauluskirche zur Altstadt findet sich auch die katholische Garnisonskirche St. Georg an der Ecke Olgastraße, im Süden ist der alte jüdische Friedhof verortet.

  • Beschreibung

    Grundriss

    Ulm | Pauluskirche | Grundriss

    Ulm | Pauluskirche | Grundriss

    Die Kirche erhebt sich auf einem querrechteckigen Grundriss mit schmalen Seitenschiffen. Zwei Türme flankieren den eingezogenen Altarraum im Nordosten. Ihm liegt ein angedeutetes Westwerk gegenüber, wo ein Turm auf kreisrundem Grundriss die Vorhalle mit Haupteingang markiert. Dem Nordostturm ist eine Kapelle auf querrechteckigem Grundriss mit eigezogener Apsis angegliedert.

     

    Außenbau

    Ulm | Pauluskirche | Foto: G8w, GFDL oder CC BY SA 3.0

    Ulm | Pauluskirche | Foto: G8w, GFDL oder CC BY SA 3.0

    Im Osten dominiert die massive Turmfront, deren zwei Spitzen sich erst über dem die ganze Breite einnehmenden Glockengeschoss ausbilden. Zwischen den Türmen ist nach Osten ein großer spitzbogiger Triumphbogen eingezogen. Am Westturm treten – neben den „Strebepfeilern“ am Langhaus – am deutlichsten die Betonelemente hervor: Zwischen Eisenbetonrahmen zeigt sich Backsteinmauerwerk. Über drei von Säulen flankierte Eingänge gelangt man in die Vorhalle. Darüber befindet sich eine Galerie, deren Bögen in Kleeblattform ausgeführt sind und ein Motiv einführen, das außen in den Langhausfenstern und besonders im Innenraum wiederkehrt.

     

    Innenraum

    Ulm | Pauluskirche | Foto: Jochen Helle/Bildarchiv Monheim GmbH

    Ulm | Pauluskirche | Foto: Jochen Helle/Bildarchiv Monheim GmbH

    Über die Vorhalle betritt der Besucher die Kirche und erreicht nach Durchschreiten des Haupteingangs den Windfang unter der Orgel, die sich im Westturm befindet. Wesentliches Gliederungselement ist der schon am Außenbau hervorgetretene Kleblattbogen, der als Eisenbetonbinder Träger der Dachkonstruktion ist, als Abschluss der Langhausfenster, an den Bögen zu den Seitenschiffen und an der angedeuteten Galerie über dem Altarraum auftaucht. Das Innere ist als weiter Predigtsaal auf den Altar ausgerichtet, der sich im über drei Zugänge erschlossenen Chor befindet.

     

  • Liturgie und Raum
    Ulm | Pauluskirche | Orgelempore | Foto: Ulm/Neu-Ulm Touristik GmbH – Stadtarchiv Ulm

    Ulm | Pauluskirche | Orgelempore | Foto: Ulm/Neu-Ulm Touristik GmbH – Stadtarchiv Ulm

    Theodor Fischer wollte in seiner strengen, fensterlosen Gestaltung gerade der Altarwand verhindern, dass irgendetwas von Wort und Sakrament ablenkt. Daher war die Pauluskirche blockhaft auf den Altar und die Kanzel ausgerichtet. Durch die von 1966 bis 1970 erfolgte Umgestaltung gruppiert sich die neue Bestuhlung nun in elliptischer Form um den Altar. Mittels der dynamisch in den Raum hineinwogenden Altarinsel wird die Nähe zur feiernden Gemeinde hergestellt und zugleich die geschwungene Westempore wieder aufgegriffen. Die weiteren Prinzipalstücke, Ambo und Taufstein, wurden entgegen der früheren Anordnung vertauscht: Links findet sich nun der Ambo auf den Altarstufen, rechts neben den Stufen der Taufstein. Das auf den ursprünglichen Taufort hinweisende Relief links vom Chordurchgang blieb jedoch erhalten.

  • Ausstattung
    Ulm | Pauluskirche | Glasgestaltung | Foto: Richard Mayer, CC BY SA 3.0

    Ulm | Pauluskirche | Glasgestaltung | Foto: Richard Mayer, CC BY SA 3.0

    Die Eingänge tragen Betonplastiken (darunter die Württemberger Wappentiere Löwe und Hirsch) des Bildhauers Jakob Brüllmann. An der Chorwand findet sich das in Secco-Technik gemalte Kruzifix von Adolf Hölzel, das als einziger Bestandteil von der ursprünglichen Bildausstattung erhalten blieb. Darüber fand sich einst das Liedzitat „Ein feste Burg ist unser Gott, ein gute Wehr und Waffen“. Der ursprüngliche Altar wurde später nach vorne verschoben. Ebenfalls mit der Umgestaltung von 1966 bis 1970 schuf der Künstler Klaus Arnold das dreiteilige Gemälde der Altarwand: In der Mitte Visionen aus der Johannesoffenbarung (u. a. Auge Gottes, vier Lebewesen, 144.000 Erlöste), links der Auferstandene vor Maria Magdalena, rechts die Weihnachtsszene. Links vom Chorbogendurchgang zeigt ein von Emil Epple gestaltetes Relief den ursprünglichen Taufort an. Arnold entwarf auch die farbigen Glasfenster der nördlichen und südlichen Langhauswände mit Szenen aus dem Leben des Paulus (Nordseite) und Stationen des Weges der Kirche hin zur Gottesstadt (Südseite). Beachtung verdient ebenfalls die von der Werkstatt Gebrüder Link aus Giengen errichtete Orgel (1910/11).

  • Von der Idee zum Bau
    Ulm | Pauluskirche | Portal | Foto: Jochen Helle/Bildarchiv Monheim GmbH

    Ulm | Pauluskirche | Portal | Foto: Jochen Helle/Bildarchiv Monheim GmbH

    Ulm war um 1900 eine der bedeutendsten Garnisonsstädte des Reichs. Nachdem die evangelischen Soldaten bis dato ihre Gottesdienste im Münster abhalten konnten, wurde zwischenzeitlich eine katholische Garnisonskirche errichtet. Daraufhin fasste man den Bau einer evangelischen Gottesdienststätte für die Soldaten ins Auge und initiierte 1905 einen beschränkten Wettbewerb, aus dem Theodor Fischer als Sieger hervorging. Der Grundstein wurde am 20. August 1908 gelegt, am 5. November 1910 die Einweihung gefeiert. Als die Kirche spätestens mit Ende des Zweiten Weltkriegs ihre eigentliche Funktion verloren hatte, wurde der Bau durch die evangelische Kirchengemeinde Ulm erworben und bis 1970 einer Umgestaltung unterzogen. Mit dem militärischen Charakter beseitigte man auch weite Teile der ursprünglichen Jugendstilausstattung, darunter die originale Glasgestaltung des Malers Franz Mutzenbecher.

  • Der Architekt Theodor Fischer
    Theodor Fischer | Foto: PD

    Theodor Fischer | Foto: PD

    Theodor Fischer wurde am 28. Mai 1862 in Schweinfurt geboren. Nach dem Studium der Architektur von 1880 bis 1885 an der Technischen Hochschule München und der kurzzeitigen Mitarbeit im Baubüro des Berliner Reichstags wurde er als Vorstand ins Münchner Referat für Stadterweiterung geholt. 1901 berief man ihn als Professor an die Technische Hochschule Stuttgart, 1908 als Professor für Baukunst an die Technische Hochschule München. Theodor Fischer starb am 25. Dezember 1938 in München

    Fischer tat sich durch großangelegte Profanbauten – wie das Universitätshauptgebäude in Jena, das Hessische Landesmuseum Kassel oder die Städtische Sparkasse Würzburg – ebenso hervor wie durch architektonisch wegweisende Sakralbauten an der Schwelle vom Historismus zur Moderne. Hier sind etwa die Erlöserkirche in München (1899-1901), St. Stephanus in Oberbessenbach (1901), die Evangelische Kirche in Gaggstatt (1902-05), die Erlöserkirche Stuttgart (1906-08) und die Waldkirche Planegg (1925-26) zu nennen. Fischer ging es stets darum, im Sinne des Heimatstils besonders Sakralbauten gleichsam organisch in die aufnehmende Umgebung einzufügen und ihnen den Charakter gewachsener Größe zu verleihen. Das Motiv der Doppelturmfassade von Ulm findet sich bei Fischer zuvor bereits in Gaggstatt. Zugleich deutete er mittelalterliche Vorbilder neu, indem er bei der Pauluskirche die östliche Chorapsis zum westlichen Eingang und das traditionelle Westwerk zum Ort des Chorraums machte.

  • Literatur (Auswahl)
    • Ulrich Hangleiter: Garnisonskirche Ulm 1906-1910, in: ders. (Hg.), Theodor Fischer als Kirchenbauer, Weißenhorn 1999, 73-86.
    • Uwe Hinkfoth: Die evangelische Garnisonkirche in Ulm (1905-1910) von Theodor Fischer und die Bauaufgabe der Garnisonkirche in der deutschen Kaiserzeit, Hildesheim/Zürich/New York 2001.
    • Uwe Hinkfoth: Die evangelische Pauluskirche in Ulm (DKV-Kunstführer 578), München/Berlin 2000.
    • Sigrid Hofer: Theodor Fischer. Die Garnisonskirche in Ulm und ihr ikonographisches Programm, in: Das Münster 53, 2000, 224-239.
    • Dörthe Jakobs/Viola Lang: Das einzige Wandbild von Adolf Hölzel. Der Kruzifixus in der evangelischen Pauluskirche in Ulm, in: Denkmalpflege in Baden-Württemberg 40, 2011, 45-50.
    • Winfried Nerdinger: Theodor Fischer. Architekt und Städtebauer, Berlin 1988.
    • Anette Pelizaeus: Christliche Kunst in Südwestdeutschland. 19. und 20. Jahrhundert, in: Württembergische Kirchengeschichte Online, 2015 (www.wkgo.de/cms/article/index/christliche-kunst-in-sdwestdeutschland-19-und-20-jahrhundert/, Abrufdatum: 31. Januar 2022).
    • Porträt der Pauluskirche Ulm, auf: tourismus.ulm.de (tourismus.ulm.de/web/de/ulm-und-neu-ulm/kirchen-kloester/pauluskirche.php, Abrufdatum: 19. September 2018).

     

    Wir danken allen Bildgebern für ihre freundliche Unterstützung: Die Bildnachweise werden jeweils am Bild selbst geführt.

Text: Daniel Greb, Würzburg (Beitrag online seit 09/2018)

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