Berlin

St. Dominicus

Anschrift Kirche
Lipschitzallee 74
12353 Berlin
  • Informationen
    Kontakt / Öffnungszeiten Kirche Bitte beim Pfarramt erfragen!
    Anschrift Pfarramt Katholische Kirchengemeinde St. Dominicus
    Lipschitzallee 74
    12353 Berlin
    030 667901-0
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    Öffnungszeiten Pfarramt Kontakt bitte per e-mail!
    Gottesdienstzeiten Kirche Die aktuellen Gottesdienstzeiten können online hier eingesehen werden: www.sankt-dominicus.de/gottesdienste.
    Kirchen im Osten

Kleiner Vulkan

St. Dominicus wirkt inmitten der Hoch- und Mehrfamilienhaustristesse der Gropiusstadt, die zwischen 1962 und 1975 in Berlin-Neukölln errichtet wurde, wie ein kleiner Vulkan. In Volumen, Höhenentwicklung und Materialität setzt sich die Kirche deutlich von der umgebenden Bebauung ab. Der Kegelstumpf, der den Sakralraum überspannt, veranschaulicht die außergewöhnliche Funktion. Mit der Bauform scheinen die Architekten Hans Schädel und Hermann Jünemann, auch wenn es vermutlich nicht ihre Intention war, diese Nonkonformität auszudrücken: Die Trabantenstadt mit ihren sozialen Problemen und ihrer menschlichen Kälte hat einen kleinen Vulkan, der wärmt, weil hier das Feuer noch lodert.

  • Überblick
    Ort
    Berlin

    Bistum
    Erzbistum Berlin

    Name der Kirche
    St. Dominicus

    Weihe
    1977 (30. April)

    Architekten
    Hermann Jünemann, Hans Schädel

    Künstler
    Karl Clobes, Hubert Elsässer
    Besonderheit
    St. Dominicus ist eine von drei nach gleichem Typenentwurf errichteten Berliner Kirchen. Als Zentralbau setzt sie eine Forderung des Zweiten Vatikanischen Konzils konsequent um: die tätige Teilnahme der Gemeinde.

    Nutzung
    Pfarrkirche der Katholischen Kirchengemeinde St. Dominicus

    Standort / Städtebau
    St. Dominicus ist Teil eines Gemeindezentrums in der Gropiusstadt, einer modernen "Trabantenstadt" in Berlin-Neukölln.

  • Beschreibung

    Grundriss

    Berlin | St. Dominicus | Grundriss

    Berlin | St. Dominicus | Grundriss

    Der Baukörper von St. Dominicus ist eingebunden in ein Gemeindezentrum aus einer Kindertagesstätte und der katholischen Schule St. Marien. Unmittelbar an der U-Bahnstation Lipschitzallee gelegen, bildet der Komplex den südwestlichen Abschluss des um einen weitläufigen Platz angeordneten Stadtteilzentrums mit Gemeinschaftshaus und Ladenzone. Der zentralisierend ausgerichtete Kirchenraum ist in einen annähernd quadratischen Grundriss eingeschrieben.

     

    Außenbau

    Berlin | St. Dominicus | Außenbau | Foto: Bildarchiv Monheim

    Berlin | St. Dominicus | Foto: Bildarchiv Monheim

    Die kirchliche Funktion ist von außen nur durch eine auf das Flachdach aufgesetzte, aluminiumverkleidete Kegelstumpfkuppel und eine vor dem Bau verortete Betonscheibe erkennbar. Diese dient als Glockenträger und wird von einem Kreuz bekrönt, dessen vier Quadranten mit goldfarbenen Platten ausgefüllt sind. Sie stehen für die vier Evangelisten, ein Motiv, welches sich im Inneren an der Altarwand wiederholt. Über eine großzügige Eingangshalle, die das Untergeschoss mit Gemeinderäumen und Sanitäranlagen erschließt, erreicht man den Sakralraum.

     

    Innenraum

    Berlin | St. Dominicus | Innenraum | Foto: Bildarchiv Monheim

    Berlin | St. Dominicus | Foto: Bildarchiv Monheim

    Der Zentralraum wird durch jeweils zwei sich gegenüberliegende Wände gleicher Materialität gebildet: Die aus Stahlbeton bestehenden fensterlosen Seiten sind ziegelverkleidet, die Eingangs- und Altarseite sind komplett aus Industrieglas geformt und durch Betonstützen gegliedert. Über der mittig angeordneten Altarinsel ist die Flachdecke durch eine kreisrunde Öffnung aufgerissen, die den Blick in das Innere eines Kegelstumpfs freigibt. Dieser wird gebildet durch 24 Träger, deren Zwischenräume im unteren Bereich ein Fensterband durchzieht. An den Trägern hängt ein Rundleuchter. Betonpflaster verbindet den Außen- mit dem Kirchraum, dessen Boden zur Altarinsel hin abfällt. Diese ist um eine Stufe erhöht und konzentrisch mit Bankreihen in fünf Kreissektoren umstellt. Der gegenüber dem Altarbereich wiederum um eine Stufe erhöhte, sechste Kreissektor bleibt frei für Ambo und Sedilien. Der Bogen dieses Kreissektors wird durch eine freistehende Betonwand gebildet, die den Gottesdienstraum von der dahinterliegenden Werktagskapelle trennt. Gebogene Betonscheiben fassen den Taufort und eine Marienkapelle, die rechts und links in den offenen Zwickeln des Quadrats neben dem Altar verortet sind. Die Orgel nimmt einen der beiden Zwickel der gegenüberliegenden Seite ein.

  • Liturgie und Raum
    Berlin | St. Dominicus | Innenraum | Foto: Bodo Kubrak, CC0

    Berlin | St. Dominicus | Kuppel | Foto: Bodo Kubrak, CC0

    Die zentralisierende Innenraumkonzeption von St. Dominicus folgt der Forderung des Zweiten Vatikanischen Konzils, nach der sich die Gemeinde um den Altar versammelt. In besonderer Weise ist es den Architekten und dem Künstler Hubert Elsässer über die reine Anordnung der liturgischen Orte hinaus gelungen, das Profane und das Sakrale, das Menschliche und das Göttliche miteinander in Bezug zu setzen: Weltliche Materialien wie einfaches Betonpflaster und Industrieglas treten neben eine hochragende lichtdurchflutete Kegelstumpfkuppel. Symbolhaft für die Verbindung zwischen Gott und Mensch stehen auch die vier vergoldeten Evangelientafeln, welche die Trennwand zwischen sonntäglichem Feierraum und Werktagskapelle aufbrechen. Der dazwischen positionierte Tabernakel ist zweiseitig nutzbar. An Karfreitag, wenn beide Seiten geöffnet sind, veranschaulicht der Durchblick sprechend den Übergang, den die christliche Tradition an diesem Tag mit dem Opfertod Jesu verbindet.

  • Ausstattung
    Berlin | St. Dominicus | Tabernakel | Foto: Bildarchiv Monheim

    Berlin | St. Dominicus | Tabernakel | Foto: Bildarchiv Monheim

    Wie bei nahezu allen seinen Entwürfen konzentrierte sich Hans Schädel für die Ausstattung von St. Dominicus auf einen Künstler. Mit dem 1934 in Würzburg geborenen Bildhauer Hubert Elsässer hatte er schon intensiv beim Wiederaufbau des Würzburger Doms zusammengearbeitet. Sein Altar aus Muschelkalk greift die Grundrisskonzeption des Raums auf. In seiner archaischen Form erinnert er an den oberen Teil einer Säule mit Kapitell: Er erwächst als Rundsäule einer im Fußboden eingelassenen quadratischen Bodenplatte und wird durch eine wiederum quadratische Mensa abgeschlossen. Dahinter ist der Ambo aus Bronze angeordnet.

    Auf subtile Weise entsteht durch einen vergoldeten vertikalen Streifen mit vier ebenfalls vergoldeten, horizontal angeordneten Tafeln – Symbol für die vier Evangelisten – ein Kreuz auf der Altarwand. Am Kreuzungspunkt befindet sich der Tabernakel. Der Taufort wird durch eine halbhohe Betonscheibe gefasst, die in einem Beichtstuhl mündet. In einer kleinen Wandaussparung sind die Heiligen Öle sowie eine bronzegefasste Reliquie des Kirchenpatrons aufbewahrt. Der freistehende Taufbrunnen besteht aus drei Säulenstümpfen aus Muschelkalk. Sie symbolisieren die in der Taufformel angerufene Dreieinigkeit: „Ich taufe Dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“

    Zwischen Eingang und Kirchenraum fügte der Maler Karl Clobes (1912-96), mit dem Schädel schon am Würzburger Dom zusammenarbeitet, eine abstrahierte Bleiglasgestaltung. Die in der östlichen Raumecke verortete Mondsichelmadonna wurde von Oberammergauern Holzschnitzern als Kopie eines Aachner Originals angefertigt. Eine in Kupfer geätzte Abendmahldarstellung befindet sich in einer kleinen Apsis der Werktagskapelle. Ende der 1980er Jahre ergänzte Klaus Corbach im Norden der Kirche die heutige Orgel.

  • Von der Idee zum Bau

    Von 1962 bis 1975 entstand die Gropiusstadt auf ehemals landwirtschaftlich genutzten Flächen an der südlichen Grenze Berlins, um die allgemeine Wohnungsnot zu beheben. Die ursprünglich ab Mitte der 1950er Jahre von Walter Gropius als kreisrunde Baukörper mit dazwischen angeordneten, überschaubaren Wohnvierteln geplante Trabantenstadt musste aufgrund des Mauerbaus am 13. August 1961 deutlich verdichtet werden. So ging die städtebauliche Konzeption weitgehend verloren.

    Von den 50.000 Menschen, die in die 18.500 neu errichteten Mietwohnungen einzogen, waren 11 Prozent katholischen Glaubens. 1966 wurde die Gemeinde gegründet, die ihre Gottesdienste zunächst in der Waschküche eines Miethauses und der Eingangshalle einer Schule feierte. Von der Grundsteinlegung am 29. November 1969 bis zum Jahr 1972 wurde ein Gemeindezentrum mit Kindertagesstätte, jedoch ohne Kirche, unmittelbar an der U-Bahn Station Lipschitzallee errichtet. Erst 1974 genehmigte das Bischöfliche Ordinariat den Bau einer Kirche. Am 30. April 1977 weihte Kardinal Alfred Bengsch St. Dominicus. Der Bau bildet eine von drei nach gleichem Modelltypus errichteten Kirchen in Berlin.

  • Der Architekt Hans Schädel

    Eigentlich wollte der 1910 geborene Hans (Johannes) Schädel Theologie studieren. Stattdessen wurde er Steinmetz, legte die Meisterprüfung ab und arbeitete seit 1934 im städtischen Hochbauamt Würzburg. Wahrscheinlich wäre er heute vollkommen unbekannt, hätte ihn das Domkapitel nicht 1945 mit dem Wiederaufbau des kriegszerstörten Würzburger Doms beauftragt. 1946 erfolgte der Wechsel ins Bischöfliche Bauamt. 87 Kirchen hat er in der Folge wiederaufgebaut, umgestaltet oder neu gebaut und damit entscheidend den Sakralbau der Wiederaufbauphase nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland geprägt. 1956 wurde er Dombaumeister, 1971 Diözesanbaumeister des Bistums Würzburg. Am 31. Dezember 1996 starb Hans Schädel in seinem Geburtsort Randersacker.

    Der Berliner Diözesanbaumeister Hermann Jünemann errichtete mit Hans Schädel neben St. Dominicus auch St. Markus und Zu den Heiligen Märtyrern von Afrika nach gleichem Entwurf in verschiedenen Stadtbezirken. Die Renovierung der Berliner Kirche St. Ludwig und die Gestaltung der Kapellen der Unterkirche der St. Hedwigskathedrale entstanden ebenfalls im Teamwork mit Hans Schädel. Das bekannteste Beispiel dieser fruchtbaren Arbeitsgemeinschaft ist die Gedächtniskirche Maria Regina Martyrum.

  • Literatur (Auswahl)
    • Berlin und seine Bauten. Teil VI. Sakralbauten, Berlin 1997, 255-257, 430.
    • Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Berlin, München/Berlin 2000, 2. Auflage, 296.
    • Christine Goetz/Matthias Hoffmann-Tauschwitz (Hg.): Kirchen Berlin Potsdam. Führer zu den Kirchen in Berlin und Potsdam, Berlin 2003, 170-171.
    • Gebhard Streicher/Erika Drave: Berlin Stadt und Kirche, Berlin 1980, 10, 14, 32, 91, 161-162, 186-187, 189, 338-339.
    • Kerstin Wittmann-Englert: Zelt Schiff und Wohnung. Kirchenbauten der Nachkriegsmoderne, Lindenberg im Allgäu 2006, 67-68.

     

    Wir danken allen Bildgebern für ihre freundliche Unterstützung: Die Bildnachweise werden jeweils am Bild selbst geführt.

Text: Dr.-Ing. Rainer Fisch, Berlin (Beitrag online seit 01/2017)

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