Frankfurt am Main-Sachsenhausen

St. Bonifatius

Anschrift Kirche
Holbeinstraße 70
60596 Frankfurt am Main-Sachsenhausen
  • Informationen
    Kontakt / Öffnungszeiten Kirche 9.00-18.00 Uhr
    Anschrift Pfarramt Zentrales Pfarrbüro St. Bonifatius
    Holbeinstraße 70
    60596 Frankfurt am Main
    069 695975850
    E-Mail
    Zur Webseite
    Öffnungszeiten Pfarramt Zentrales Pfarrbüro St. Bonifatius:
    MO - FR: 9.00 - 12.00 Uhr
    MO, DI, Mi: 14.30 - 17.00 Uhr

    "JONA-Sekretariat" (Jugendkirche, ebenfalls Holbeinstr. 70):
    MO - FR: 9.00 - 12.30 Uhr

    Gottesdienstzeiten Kirche Die aktuellen Gottesdienstzeiten können online eingesehen werden unter: https://www.bonifatius-ffm.de/gottesdienst/ und jugendkirche-frankfurt.bistumlimburg.de.
    Kirchen in Deutschlands Mitte

Fast ein Sakrileg

Als 1926 die Arbeiten begannen, erschien die moderne Bauweise von St. Bonifatius manchem Zeitgenossen als Sakrileg. Durfte eine Kirche wirklich in Eisenbeton ausgeführt und mit Klinker verblendet werden? Schon bald zeigte sich: Ja! Gerade diese scheinbar profanen Baustoffe ermöglichten Martin Weber eine Rauminszenierung, die St. Bonifatius eine einzigartige Würde und dem Architekten eine überregionale Bekanntheit verlieh. St. Bonifatius war Webers erste große Kirche in Frankfurt und bildete den Auftakt zu zahlreichen ähnlichen Projekten in der Stadt des Neuen Bauens. Mit ihrer expressiven Formensprache und dem charakteristischen sechseckigen Chorturm ist die Bonifatiuskirche bis heute ein Hingucker.

  • Überblick
    Ort
    Frankfurt am Main-Sachsenhausen

    Bistum
    Bistum Limburg

    Name der Kirche
    St. Bonifatius

    Weihe
    1927 (7. August)

    Architekt
    Martin Weber

    Künstler
    Johann Belz, Arnold Hensler, Joachim Pick, Hans Rams
    Besonderheit
    St. Bonifatius war 1926 Martin Webers erster großer Kirchenbau in Frankfurt und eine der ersten modernen Kirchen der Mainmetropole überhaupt.

    Nutzung
    Die Pfarrkirche St. Bonifatius wird seit 2005 auch als "Jugendkirche JONA" genutzt. Gemeinde und Jugendkirche teilen sich die Räume und werden von einem Pfarrer in Personalunion betreut.

    Standort / Städtebau
    Die Kirche liegt auf einem Eckgrundstück an der Holbein- und der Textorstraße. Mit ihrem charakteristischen Turm wirkt sie hier als städtebauliche Dominante, obwohl sie die umgebenden gründerzeitlichen Wohnhäuser nur geringfügig überragt.

  • Beschreibung

    Grundriss

    Frankfurt am Main-Sachsenhausen | St. Bonifatius | Grundriss

    Frankfurt am Main-Sachsenhausen | St. Bonifatius | Grundriss

    St. Bonifatius erhebt sich im Frankfurter Stadtteil Sachsenhausen auf einem längsrechteckigen Grundriss, der sich – dem Verlauf der Thorwaldsenstraße folgend – von Osten nach Westen erstreckt. Der Baukörper ist in eine Ober- und Unterkirche unterteilt. Der für Gemeindegottesdienste konzipierte Hauptsaal läuft auf einen zentralen Chor im Westen zu. Dieser schneidet den Turm auf sechseckigem Grundriss so an, dass vier der Turmseiten gleichzeitig den Chorabschluss bilden. Unter dem Chorraum findet sich eine Kapelle, die zum Gedenken an die Gefallenen des Ersten Weltkriegs errichtet wurde. Im Süden schließt sich das Pfarr- und Gemeindehaus auf winkelförmigem Grundriss an die Fassade an.

     

    Außenbau

    Frankfurt am Main-Sachsenhausen | St. Bonifatius | Außenbau | Foto: Jugendkirche Jona, Frankfurt am Main, CC0

    Frankfurt am Main-Sachsenhausen | St. Bonifatius | Foto: Jugendkirche Jona, Frankfurt am Main, CC0

    Die in Eisenbeton ausgeführte Kirche ist nach außen mit rotem Klinker verblendet. Zwischen zwei massiven quaderförmigen Treppenhäusern springt im Osten das von einem Staffelgiebel überragte Hauptportal zurück, dem wiederum eine großzügige Freitreppe vorgelagert ist. An der gegenüberliegenden Westseite des Baus erhebt sich der Turm mit seiner zifferlosen Uhr. Die lanzettförmigen Fenster der Kirche und die Schallöffnungen des Turms sind jeweils mit einem Dreiecksabschluss versehen und betonen so die Aufwärtsbewegung des Baus: Diese beginnt am Fuß der Freitreppe und gipfelt im steinernen Kreuz auf der Turmspitze.

     

    Innenraum

    Frankfurt am Main-Sachsenhausen | St. Bonifatius | Innenraum | Foto: Pfarrei St. Bonifatius, Frankfurt am Main, CC BY SA 3.0

    Frankfurt am Main-Sachsenhausen | St. Bonifatius | Foto: Pfarrei St. Bonifatius, Frankfurt am Main, CC BY SA 3.0

    Die in Eisenbeton ausgeführte Halle ist von gewölbten Spitzbögen geprägt, die auf Fußbodenniveau ansetzen, den Raum überspannen und gliedern. Dem Besucher öffnet sich ein unverstellter Blick auf Chor und Tabernakelstele (ehemals Hochaltar), die – ebenso wie die darunterliegende Kapelle – von einer modernen Variante des Netz-/Sterngewölbes überfangen werden. Ursprünglich verfügte die Kirche über zwei Bankblöcke, die um 2005 durch eine mobile Bestuhlung ersetzt wurden. Der Chor ist um zehn Stufen (und eine weitere zum Tabernakel) erhöht, welche die Turmform aufgreifen und somit die angeschnittenen Außenwände fortführen. Unter der im Osten gegenüberliegenden Orgelempore steht mittig der Taufstein.

  • Liturgie und Raum
    Frankfurt am Main-Sachsenhausen | St. Bonifatius | Jugendgottesdienst | Foto: Jugendkirche JONA, Frankfurt am Main, CC0

    Frankfurt am Main-Sachsenhausen | St. Bonifatius | Jugendgottesdienst | Foto: Jugendkirche JONA, Frankfurt am Main, CC0

    Für die Doppelfunktion als Pfarr- und Gedächtniskirche schuf Weber zwei logische Einheiten: Die Unterkirche erinnerte mit einer Kapelle an die Gefallenen des Ersten Weltkriegs. Die mächtige Spitzbogenhalle dagegen war dem Gemeindegottesdienst vorbehalten. Ursprünglich hob der Architekt den Altar und Chorbereich durch Farbe, Licht und Raumgliederung hervor. Diesen Gedanken betonte zusätzlich die Orgel, die zur Bauzeit seitlich über dem Altar angeordnet war. Nach Aussagen von Martin Weber sollte der Gang vom Hauptportal zum Altar auch den Aufstieg vom dunklen Diesseits in ein strahlendes, wie durch ein Lichtbaldachin überhöhtes Jenseits versinnbildlichen.

    Seit 2005 ist St. Bonifatius Heimstatt der „Jugendkirche Jona“. Für die alle 14 Tage angesetzten Jugendgottesdienste wurde ein neuer Altar in die Mitte der Kirche gesetzt, um den die Teilnehmer einen Stuhlkreis bilden können. Hierfür wird die Halle mit einem segelförmigen Raumteiler untergliedert, der den Chorbereich abtrennt. 2014 erhielt die Kirche zudem ein variables Beleuchtungskonzept: Der Innenraum lässt sich nun u. a. über im Boden oder den charakteristischen Nischen eingelassene Leuchtkörper je nach Anlass farbig, kalt- oder warmweiß inszenieren.

  • Ausstattung
    Frankfurt am Main-Sachsenhausen | St. Bonifatius | Tabernakel und Ewiglicht | Foto: Julius Reinsberg

    rankfurt am Main-Sachsenhausen | St. Bonifatius | Tabernakel und Ewiglicht | Foto: Julius Reinsberg

    Über dem Haupteingang findet sich eine Skulptur des Namenspatrons St. Bonifatius. Sie wurde vom Bildhauer Arnold Hensler (1891-1935) gefertigt, der Weber bei mehreren seiner Frankfurter Kirchen unterstützte. Die Figur zeigt Bonifatius als jungen Missionar, was der Idee einer Gedenk- und Jubiläumskirche zum ersten Auftreten des Heiligen entspricht. Ursprünglich waren vier weitere Figuren vorgesehen, die jedoch aus Geldmangel nicht ausgeführt wurden. Wie Bonifatius bezogen sich auch diese auf Hessen oder angrenzende Regionen.

    Die Figuren der später beräumten Nebenaltäre, von denen heute wieder die Madonna über den Altarstufen zu sehen ist, stammen vom Frankfurter Bildhauer Johann Belz (1873-1957). Hauptaltar, Tabernakel, die kleinen Altarleuchter (die großen Leuchter wurden erst später in Anlehnung an Webers Wettbewerbsentwurf nachgearbeitet) und die an einer Kette aus dem Turm herabhängende Ampel für das Ewige Licht entwarf Martin Weber. Dabei bediente er sich einer schlichten Formensprache, die der modernen Anmutung seiner Architektur entsprach. Altar und Tabernakel haben sich im Gegensatz zu Ampel und Leuchtern nicht erhalten. Gleiches gilt für die ursprüngliche Orgel, die seitlich über dem Altar angeordnet war. Sie wurde mit Zwischenstufen schließlich 1994 durch eine raumgreifende Orgel auf der dem Chor gegenüberliegenden Empore ersetzt. In der Kapelle wurde 1973 eine farbige Fenstergestaltung des Malers Joachim Pick ergänzt. Bereits in den späten 1960er Jahren hatte der Krefelder Künstler Johannes Beeck die Chorfenster in abstrakten Formen ausgeschmückt. Mit der Nutzungserweiterung zur Jugendkirche schuf der Niederbreitbacher Bildhauer Hans Rams um 2005 das neue Ensemble aus Ambo, Sedilien und zentralem Altar.

  • Von der Idee zum Bau

    Die ersten Planungen zu St. Bonifatius reichen ins Jahr 1897 zurück. Die katholische Gemeinde im Frankfurter Stadtteil Sachsenhausen wollte ihrem Platzmangel mit einem Neubau abhelfen. Ein eigens gegründeter Kirchenbauverein verständigte sich mit dem Paderborner Bonifatiusverein, zum 1200-jährigen Jubiläum des ersten Auftretens des „Apostels der Deutschen“ 1916 eine Kirche zu errichten. Durch den Ersten Weltkrieg verschob sich das Projekt immer wieder, bis 1925 endlich ein Wettbewerb ausgeschrieben wurde. Das Preisgericht entschied sich für einen Entwurf Martin Webers, mit dem 2. Preis wurde Hans Herkommer, mit dem 3. die Gemeinschaft Huch und Grefges ausgezeichnet.

    Letztlich ausgeführt wurde eine Kombination von Webers Siegerentwurf und einer Alternativplanung mit sechseckigem Turm, die er ebenfalls eingereicht hatte. Der Grundstein wurde am 27. Juni 1926 gelegt, am 7. August 1927 die Weihe begangen. Nachdem man bis 1948 Kriegsschäden an Gewölbe und Ausstattung beseitigt hatte, erfuhr vor allem das Innere zahlreiche Eingriffe – von der nachkonziliaren Neuordnung des Altarraums (künstlerische Leitung: Bischöfliches Bauamt Limburg) in den späten 1960er Jahren bis zur Neugestaltung der Gedenkkapelle, die heute Werktags- und Gruppengottesdienste aufnimmt. Mit der Renovierung von 1987 erhielt der Kirchenraum weitestgehend sein ursprüngliches Aussehen zurück. Letzte Veränderungen, z. B. die Einrichtung einer mobilen Bestuhlung, wurden mit der Nutzungserweiterung zur Jugendkirche 2005 erforderlich.

  • Der Architekt Martin Weber
    Frankfurt am Main | Heilig-Kreuz-Kirche am Martin-Weber-Platz | Foto: Metroskop, gemeinfrei

    Frankfurt am Main | Heilig-Kreuz-Kirche am Martin-Weber-Platz | Foto: Metroskop, gemeinfrei

    St. Bonifatius war der erste große Kirchenbau Martin Webers, der im zeitgenössischen Frankfurt polarisierte. Während diverse Fachkollegen Webers moderne Ansätze lobten, störten sich Kritiker an den „unwürdigen“ Baustoffen Eisenbeton und Klinker. Diese Debatte verhalf Weber zu überregionaler Bekanntheit und bildete den Auftakt seines umfassenden Werks als Kirchenbaumeister. Der 1890 in Frankfurt am Main geborene Weber absolvierte eine handwerkliche Ausbildung und besuchte anschließend die Bau- und Kunstgewerbeschule in Offenbach. Von 1914 bis 1915 arbeitete er für zwei renommierte Kirchenbauer: in Darmstadt für Friedrich Pützer und in Offenbach für Dominikus Böhm. Nach dem Ende seines Kriegsdienstes zog sich Weber von 1919 bis 1921 als Oblate ins Kloster Maria Laach zurück. Anschließend arbeitete er bis 1924 erneut mit Böhm, mit dem er als „Atelier für Kirchenbaukunst“ deutschlandweit Projekte verwirklichte.

    1925 machte sich Weber in Frankfurt selbstständig. Nach St. Bonifatius schuf er – abgesehen von vereinzelten Profanbauten wie der Volksschule in Gutach (1931) – vor allem katholische Kirchenbauten in seiner Heimatstadt. Einige davon waren Teil der Siedlungen des Neuen Frankfurt, die von 1925 bis 1930 unter Leitung des legendären Stadtbaurats Ernst May entstanden. Webers Heilig-Kreuz-Kirche in der Siedlung Bornheimer Hang übernahm sogar die Funktion einer lokalen Stadtkrone. Der Architekt ging bei der Planung seiner Kirchen stets vom Altar als Mittelpunkt des Raums aus, auf den hin er alle Inszenierung zuspitzte. 1941 verstarb Martin Weber im Alter von 50 Jahren an einem Hirnschlag.

  • Literatur (Auswahl)
    • Susan Henderson: Building Culture. Ernst May and the New Frankfurt Initiative, 1926-1931, New York u. a. 2013, 222-224.
    • Lichtdesign-Preis 2015 „Kulturbauten“ für St. Bonifatius in Frankfurt am Main, auf: baulinks.de 28. Mai 2015 (Abruf: 7. September 2016, www.baulinks.de/webplugin/2015/0939.php4)
    • Heike Risse: Frühe Moderne in Frankfurt am Main 1920-1933, Architektur der zwanziger Jahre in Frankfurt a. M., Traditionalismus – Expressionismus – Neue Sachlichkeit, Frankfurt am Main 1984.
    • Adrian Seib: Der Kirchenbaumeister Martin Weber (1890-1941), Leben und Werk eines Architekten für die liturgische Erneuerung, Mainz 1999.
    • Adrian Seib: Weber, Martin, in: Evelyn Brockhoff u. a. (Hg.): Akteure des Neuen Frankfurt. Biogafien aus Architektur, Politik und Kultur, Frankfurt am Main 2016, 192f.

     

    Wir danken allen Bildgebern für ihre freundliche Unterstützung: Die Bildnachweise werden jeweils am Bild selbst geführt.

Text: Julius C. Reinsberg M. A., Offenbach am Main (Beitrag online seit 09/2016)

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