Wesel

Friedenskirche Zu den Heiligen Engeln

Anschrift Kirche
Am Kirchplatz 3
46485 Wesel
  • Informationen
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    Anschrift Pfarramt Pfarrbüro St. Nikolaus Wesel
    Martinistraße 10a
    46483 Wesel
    0281 3002669-111
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    Kirchen im Westen

In die Tiefe

Zunächst erscheint die hochgeschlossene Kirche aus Ziegelmauerwerk außerordentlich modern. Umso überraschter ist man bei einem tieferen Blick in die Baugeschichte: Der aus Halbkreis und Parabel zusammengesetzte Grundriss war keine Erfindung des Architekten. Vielmehr erneuerte Hans Schilling in Wesel 1958 einen ehemaligen Festungsbau, einen sog. Reduit. Hier hatte die Gemeinde während schwerer Bombenangriffe 1945 Schutz gesucht und 1947 eine Notkirche eingerichtet. Diese wurde später als Krypta bzw. Taufkapelle in den Neubau eingebunden. Bis heute verweisen die Fenster im Sockel auf das ganze drei Geschosse in die Tiefe reichende Reduit, das unter dem modernen Kirchenraum weiterhin zur Besichtigung offen steht.

  • Überblick
    Ort
    Wesel

    Bistum
    Bistum Münster

    Name der Kirche
    Friedenskirche Zu den Heiligen Engeln

    Weihe
    1958 (2. Februar)

    Architekt
    Hans Schilling

    Künstler
    Helmut Kaldenhoff, Joachim Klos, Toni Zenz
    Besonderheit
    Der moderne Kirchenbau wurde errichtet über dem Reduit des ehemaligen Forts Fusternberg in Wesel.

    Nutzung
    Filialkirche der Pfarrei St. Nikolaus

    Standort / Städtebau
    Die ehemalige Festungsanlage findet sich heute zentral in einem Wohngebiet unweit des Stadtkerns von Wesel.

  • Beschreibung

    Grundriss

    Wesel | Zu den Heiligen Engeln | Grundriss

    Wesel | Zu den Heiligen Engeln | Grundriss

    Der Kirchengrundriss erinnert entfernt an ein Paar aufgespannte Flügel: Der Halbkreis des Gemeinderaums im Osten öffnet sich zum parabelförmigen Altarraum im Westen. Würde man den Halbkreis vervollständigen, so ließe sich erkennen, dass die Altarinsel zwar im Zentrum des Kreises, jedoch leicht in die Apsis hinein verschoben ist. Die Apsis wiederum kragt minimal über diese imaginäre Kreislinie hinaus – um eben jene Strecke, die der Altartisch als Distanz von der Halbkreislinie wahrt. Die Altarinsel samt Chorschranken hingegen reicht halbkreisförmig in den Gemeinderaum hinein und zeichnet eine verkleinerte Version des aus Halbkreis und Parabel zusammengesetzten Grundrisses nach.

     

    Außenbau

    Wesel | Zu den Heiligen Engeln | Außenbau | Foto: Eginhard Brandt

    Wesel | Zu den Heiligen Engeln | Foto: Eginhard Brandt

    Am ziegelsichtigen Außenbau gehen das historische Sockelgeschoss und der moderne Kirchenraum fast nahtlos ineinander über. Der neue turmartige Vorbau im Südwesten beherbergt sowohl den Zugang zur Krypta als auch Sakristei und Glockengestühl samt Schallöffnungen, überragt jedoch nicht die Firsthöhe des durchgehenden Satteldachs. Über gewundene Treppenaufgänge sind die seitlich angeordneten, parabelfömigen Portale erreichbar. Das scheinbar gen Altarraum ansteigende Dach variiert in seiner Höhe nur längs der Traufzone, während der First seine Höhe beibehält. Diesen Eindruck stützt das umlaufende, die Schallöffnungen des Glockenturms mit einbeziehende, im Apsisscheitel nach oben geknickte Fensterband gemeinsam mit der schiffsbugartig vorkragenden Traufe.

     

    Innenraum

    Wesel | Zu den Heiligen Engeln | Innenraum | Foto: Rainer Döller

    Wesel | Zu den Heiligen Engeln | Foto: Rainer Döller

    Das Kircheninnere zeigt einen einheitlich hellen Putz und zart getönte Fensterscheiben. Erst hier wird deutlich, wie sehr der zentrale Altar den Raum beherrscht: Parabolisch-weit öffnet sich die Apsis zum Gemeinderaum. Die offene Betonbalkendecke erinnert an die Struktur eines Blattes – ein Motiv, das die Glasfenster wieder aufgreifen. Damit werden die beiden liturgischen Zonen, der Altar- und der Gemeinderaum, zusätzlich verklammert. Das hoch oben ansetzende Fensterband erweitert sich im Chorbereich zur seitlichen Glaswand. Nach unten schließt sie diagonal bzw. mit einer gerundeten Ecke und greift so die kurvenreiche Bauform auf. Die Altarstelle wird hierdurch betont, jedoch nicht herausgehoben.

  • Liturgie und Raum
    Wesel | Zu den Heiligen Engeln | Taufkapelle | Foto: Rainer Döller

    Wesel | Zu den Heiligen Engeln | Taufkapelle | Foto: Rainer Döller

    Noch deutlich vor dem Zweiten Vatikanum (1962-65) entstanden, spielt in Wesel ein ab den 1920er Jahren entwickeltes Konzept eine entscheidende Rolle: die größtmögliche Annäherung von Altarraum und Gemeinderaum. Der Architekt Hans Schilling nutzte die vorgegebene Bauform, um Schiff und Altarraum angemessen zu würdigen, ohne sie voneinander zu trennen. Der kryptenartige Bereich des vorhandenen Sockelgeschosses hingegen, der heute die Taufkapelle beherbergt, ist durch massive Stützen und niedrige Kreuzgratgewölbe zergliedert. In der Oberkirche wird der Altarblock auf einer mehrstufigen Insel, an der Übergangslinie zwischen Parabel und Halbkreis, von filigranen Chorschranken begrenzt, die halbrund in den Gemeinderaum hineinkragen. Die Kirchenbänke folgen der halbkreisförmigen Weitung des Gemeinderaums und beziehen sich zugleich auf den Altar.

  • Ausstattung
    Wesel | Zu den Heiligen Engeln | Glasgestaltung | Foto: Rainer Döller

    Wesel | Zu den Heiligen Engeln | Glasgestaltung | Foto: Rainer Döller

    Der Künstler Helmut Kaldenhoff (* 1915 Wesel, + 1980 Köln) ergänzte die Architektur um ein Glasband und ein Chorfenster in einer ebenso reduzierten wie leuchtenden grau-grünen Farbpalette, auf die einzelne gegenständliche Darstellungen wie Blätter, eine Taube oder Baumstrukturen verteilt sind. Vom Bildhauer Toni Zenz (* 1915 Köln, + 2014) stammen das Altarkreuz, die Marienfigur, der Posaunenengel über dem Chorgiebel sowie die Bronzereliefs über den Seiteneingängen. In der Sakristei finden sich kleinformatige Glasgemälde von Joachim Klos (* 1931 Weida, + 2007 Nettetal), die 1983 eingebaut wurden. Thematisch übersetzen sie das Patrozinium der Kirche (Engel) sowie einzelne liturgische wie biblische Begriffe (Weihrauch, Dornen u. a.) in eine abstrakt-grafische Farb-und Symbolsprache.

  • Von der Idee zum Bau
    Wesel | Zu den Heiligen Engeln | Bild: LVR-Amt für Denkmalpflege, Foto: Martha Kranz, 1960

    Wesel | Zu den Heiligen Engeln | Bild: LVR-Amt für Denkmalpflege, Foto: Martha Kranz, 1960

    Der am 2. Februar 1958 geweihte Kirchenraum ruht auf einer Mitte des 19. Jahrhunderts errichteten Festungsanlage. Mit dem Projekt hatte man nach einem Architektenwettbewerb Hans Schilling beauftragt. Obwohl die bereits 1952 entworfene Kirche als sein sakrales Frühwerk gelten darf, lässt sie sich bereits auf eine Ebene stellen mit zeitgleich entstandenen Projekten von erfolgreichen Kirchenbaumeistern wie Hans Schädel, Rudolf Schwarz, Richard Jörg oder auch Le Corbusier. Schilling nutzte die Chance, einen vorgegebenen Grundriss weiterzuentwickeln. Er setzte die geometrischen Formen in Beziehung, indem er architektonisch-historisch bedingte Baunähte verschwinden und den neuen Raum in seiner ganzen Weite und Höhe wirken ließ. Außen verzichtete er zudem auf allzu konkrete liturgisch bedingte Zäsuren und erzeugte so einen monumental geschlossenen Gesamteindruck.

  • Der Architekt Hans Schilling
    Münster | St. Stephanus | Foto: Dietmar Rabich / Wikimedia Commons / 2016_0810 / CC BY-SA 4.0

    Münster | St. Stephanus | Foto: Dietmar Rabich / Wikimedia Commons / 2016_0810 / CC BY-SA 4.0

    Hans Schilling (* 4. April 1921 Köln, + 19. Feb. 2009 Köln) gründete 1945 ein erstes Büro in Paderborn,  1955 dann ein eigenes Büro in Köln.

    Über seinen Lehrer Karl Band kam er frühzeitig in Kontakt mit moderner Sakralarchitektur im Umfeld liturgischen Erneuerungsbewegung. Schilling erhielt ab den 1950er Jahren zahlreiche Aufträge für Wiederauf- und Neubauten, beispielsweise Neu-St. Alban (1957/58) in Köln.

    Die Friedenskirche Zu den Heiligen Engeln in Wesel ist neben der Abtei Königsmünster in Meschede (1961-64) eines der frühesten eigenständigen Projekte Schillings. Die in Wesel begründete Verbindung eines parabelförmigen Chorraums mit einer massiven Weitung des Gemeinderaums griff er später immer wieder auf.

  • Literatur (Auswahl)
    • Rudolf Bernhard: Kirchenbauten von Hans Schilling. Stationen eines künstlerischen Weges, in: Das Münster 24, 1971, 203-221.
    • Helmut Fußbroich: „Wir werden eine völlig neue Architektur sehen“. Kirchenbauten von Hans Schilling im Erzbistum Köln, in: Das Münster 66, 2013, Sonderheft, 323-330.
    • Iris Nestler (Hg.): Meisterwerke der Glasmalerei des 20. Jahrhunderts im Rheinland, Bd. 2, Mönchengladbach 2017.
    • Silke Noltenhans: Friedenskirche „Zu den Heiligen Engeln“, Wesel, 2002 (Magisterarbeit 1997/98, Bochum/Münster in Westfalen).
    • Hans Schilling: Architektur 1945-2000, Köln 2001, 72-77.
    • Hugo Schnell: Der Kirchenbau des 20. Jahrhunderts in Deutschland. Dokumentation, Darstellung, Deutung, München/Zürich 1973, 90, 98.

     

    >span class=“small“>Wir danken allen Bildgebern für ihre freundliche Unterstützung: Die Bildnachweise werden jeweils am Bild selbst geführt.

Text: Dr. Manuela Klauser, München (Beitrag online seit 04/2018)

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