Berlin-Friedrichsfelde
Zum Guten Hirten
Kurze Straße 4
10315 Berlin-Friedrichsfelde
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Informationen
Kontakt / Öffnungszeiten Kirche 030 512 30 05
E-Mail
Zur Webseite
Der Schlüssel ist nach Voranmeldung im Pfarrbüro erhältlich. Anschrift Pfarramt Katholische Gemeinde "Zum Guten Hirten"
Kurze Straße 4
10315 Berlin-Friedrichsfelde
030 512 30 05
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Öffnungszeiten Pfarramt MI: 9.30 - 12.00 Uhr FR: 14.30 -18.00 Uhr
Gottesdienstzeiten Kirche Die aktuellen Gottesdienstzeiten finden Sie online unter: http://zum-guten-hirten-berlin.de.
Kirchen im Osten
Noch eine Mauer in Berlin?
So könnte man sich fragen angesichts der schroffen, abweisend wirkenden Straßenfassade der Kirche „Zum Guten Hirten“. Erst zur straßenabgewandten Fassade hin zeigt sich der Bau mit Turm und Haupteingang von seiner offenen Seite. Entstanden ist die Ost-Berliner Kirche 1985 in einem DDR-Sonderbauprogramm, das man in „harter Währung“ (mit westdeutschen Devisen) finanzierte. Damit wurden ab den 1970er Jahren – abseits der im atheistischen SED-Staat üblichen Material- und Genehmigungsschwierigkeiten – neue Kirchen sogar in sozialistischen Großwohnsiedlungen möglich. Zwar gab es nun in mancher dieser „neuen Städte“ zunächst weder Kiosk noch Kino, aber neue Gotteshäuser und Gemeindezentren. Die devisenhungrige DDR musste sich diesbezüglich auch bei ihren Getreuen rechtfertigen, doch konnte sie sich inzwischen die „Kirche bei der Großwohnsiedlung“ getrost leisten: Hier schritt die Säkularisierung noch schneller voran als in anderen Gebieten.
- ÜberblickOrt
Berlin-Friedrichsfelde
Bistum
Erzbistum Berlin
Name der Kirche
Zum Guten Hirten
Weihe
1985 (28. April)
Architekten
Bernd Stich, Walter Krüger, Rainer Rietsch
Künstler
Günter GrohsBesonderheit
Zwei ineinander verschränkte Zeltformen und hohe geschlossene Klinkerwände zeichnen den freistehenden Baukörper in einer DDR-Plattensiedlung aus.
Nutzung
Kirche der katholischen Gemeinde Zum Guten Hirten, seit 2003 im Zusammenschluss der Pfarreien Karlshorst St. Marien und Friedrichsfelde.
Standort / Städtebau
In einer DDR-Plattenbausiedlung nahe der U-Bahnstation und direkt an der Straße gelegen, erfolgt der Zugang zu Kirche und Turm jedoch an der straßenabgewandten Seite. - Beschreibung
Grundriss
Der zweischiffige Bau mit unregelmäßigem Grundriss besteht aus zwei zeltartigen Tetraedern, die sich gegenseitig durchdringen. An der straßenabgewandten Seite, neben dem Haupteingang erhebt sich ein etwa 25 m hoher Turm. Die Kirche liegt zentral in einer DDR-Plattensiedlung, in unmittelbarer Nähe einer U-Bahn-Station, direkt an der Straße.
Außenbau
Die Gebäudegruppe aus Kirche, Pfarrhaus und Gemeinderäumen wird durch ihre großen Klinkerflächen gegenüber den vielfältig gegliederten Wohnbauten hervorgehoben. Als Stahlbetonbau wurde die Kirche mit roten Ziegeln im Märkischen Verband verkleidet. Zur Straße hin bleibt die Fassade geschlossen, während sich der Bau an seiner straßenabgewandten Seite mit Turm und Haupteingang öffnet.
Innenraum
Die Kirche ist diagonal in zwei Hälften geteilt, was sich nach außen durch die gegenläufigen Dachschrägen abzeichnet. Im Inneren ist diese Gliederung an einem weißen Stahlbetonbinder in der holzvertäfelten Decke abzulesen. Die Gemeinde versammelt sich in drei Bankblöcken halbkreisförmig um den Altarraum. Dieser findet sich in der verkröpften Spitze des vieleckigen Grundrisses, wo der steinerne Altartisch vor einer großflächigen Verglasung durch eine niedrige Wandscheibe hinterfangen wird.
- Liturgie und Raum
„Zum Guten Hirten“ ist ein Kirchenbau in freier Zeltform, die – der Gemeinde zufolge – das biblische Bild vom Zelt Gottes unter den Menschen (Offenbarung 21,3) aufgreift. Mit den großen Fensterflächen soll man sich an einer Forderung des Zweiten Vatikanischen Konzils orientiert haben: die Öffnung der Kirche zur Außenwelt. Sicher verwirklicht der zentralisierende Bau, der die Gemeinde in einem hellen weiten Raum um den kaum erhöhten Altar schart, den Gemeinschaftsgedanken der zwischen 1962 und 1965 in Rom auf den Weg gebrachten liturgischen Reformen.
- Ausstattung
Der Sandstein-Altar wurde leicht verkürzt aus einem Vorgängerbau übernommen. Nach Entwürfen von Günter Grohs (geb. 1958) ergänzte man 1998 die bauzeitlichen weißen Kirchenfenster um abstrakte farbige Elemente. Ausgebildet in Halle/Saale, arbeitet Grohs seit 1986 als freier Glasgestalter. Die Bandbreite seiner Arbeiten vorwiegend im öffentlichen Raum reicht von der Rekonstruktion der historischen Verglasung am Völkerschlachtdenkmal Leipzig bis zur künstlerischen Türverglasung für den Hildesheimer Dom. In Friedrichsfelde wird die Kirchenausstattung vervollständigt durch ein großes hölzernes Kruzifix, eine Tabernakelstele und Kreuzwegstationen als Tafeln in moderner Malerei.
- Von der Idee zum Bau
Anfang des 20. Jahrhunderts hatte die Friedrichsfelder Kirchengemeinde das Grundstück in der Kurzen Straße erworben und das vorhandene Wohn- zum Pfarrhaus umbauen lassen. Anstelle der alten Scheune weihte man 1906 eine kleine Backsteinkirche ein. Nach Kriegsschäden 1948 wiederaufgebaut, wurde der Raum für die wachsende Gemeinde – auch durch eine neue Plattenbausiedlung – rasch zu klein. Nach mehreren Provisorien auf dem Grundstück wurde erst im Jahre 1978 durch die Sonderbauprogramme eine ausreichend große Kirche ermöglicht: Man legte die vorhandenen kirchlichen Gebäude nieder und 1983 den Grundstein für den Neubau.
Mit den staatlichen Programmen hatte die sozialistische Regierung Anfang der 1970er Jahre einen offiziellen Rahmen für westdeutsche Geld- und Materialsendungen geschaffen. Sie wurden über die Ostberliner Außenhandelsunternehmen „Limex“ und „Intrac“ abgewickelt: Die DDR erhielt D-Mark (West) aus der Bundesrepublik Deutschland, finanzierte und organisierte damit zum lukrativen Wechselkurs von 1:1 die Planung und Umsetzung durch Material und Dienstleistungen der DDR-Baubetriebe.
Für Kirche und Gemeindehaus in Berlin-Friedrichsfelde war aus einem inoffiziellen Wettbewerb zunächst Rainer Rietsch als Sieger hervorgegangen. Sein Entwurf wurde dann von Walter Krüger in Zusammenarbeit mit Bernd Stich überarbeitet. Bereits am 28. April 1985 konnte die neue katholische Kirche in Berlin-Friedrichsfelde feierlich eingeweiht, im Jahre 1991 der Turm mit einem vergoldeten Kreuz bekrönt werden.
- Staatliche Architekten im Kirchenbau in der DDR
Die Architekten Rainer Rietsch, Walter Krüger und Bernd Stich waren bei der Bauakademie der DDR beschäftigt. Für die staatlichen Planer, die in den 1970er und 1980er Jahren viele der Sakralbauten und Gemeindezentren in den Neubaugebieten entwarfen, war das Thema „Kirchenbau“ oft völliges Neuland. Doch konnten sie hierbei individuelle Entwurfsideen verwirklichen – eine willkommene Abwechslung in den hauptsächlich auf standardisierten Platten-Wohnungsbau ausgerichteten Projektierungsabteilungen.
Dieter Hantzsche, ein Dresdener Kollege von Rietsch, Krüger und Stich, fasste den Planungsprozess solcher Kirchen 1986 in einem Interview zusammen: Zunächst bildeten ausführliche Gespräche zwischen den Architekten und den kirchlichen Vertretern eine wichtige Grundlage für die Zusammenarbeit. Die Baumeister wurden mit den liturgischen Belangen und räumlichen Anforderungen der Kirchengemeinden vertraut gemacht, die sowohl Gottesdienst- als auch Gemeinderäume benötigten.
Für „Kirche“ wurde nun auch wieder traditionell gebaut, so dass man z. B. die Ziegel von Hand vermauerte, statt vorgefertigte Platten zu nutzen. Anders als sonst, hatten die Planer bei kirchlichen Projekten auch mit einem personifizierten Bauherrn zu tun. Auch auf der Seite der Bauakademie gab es für die einzelnen kirchlichen Aufträge jeweils eigene Verantwortliche, die das Vorhaben vom Anfang bis zum Ende der Garantiezeit begleiteten.
- Literatur (Auswahl)
- Matthias Brühe: Katholische Kirche im Norden und Osten Berlins. Ein Porträt der Kirchen und Gemeinden für Einheimische und Gäste, hg. von der Pressestelle des Erzbistums Berlin, Berlin 1999, 25.
- Regine Cejka: Moderne Kirchen für neue Städte. Christsein im Neubaugebiet – das Gemeindezentrum im städtebaulichen Ensemble, in: Union, Dresden 1986, 9.
- Christine Goetz / Matthias Hoffmann-Tauschwitz (Hg.): Kirchen Berlin Potsdam. Führer zu den Kirchen in Berlin und Potsdam, Berlin 2003, 104.
- Verena Schädler: Katholischer Sakralbau in der SBZ und in der DDR, Regensburg 2013, 86 f., 97, 306.
- Kerstin Wittmann-Englert: Kirchen nach 1945, in: Berlin und seine Bauten, hg. vom Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin, Bd. VI. Sakralbauten, Berlin 1997, 195-272.
Wir danken allen Bildgebern für ihre freundliche Unterstützung: Die Bildnachweise werden jeweils am Bild selbst geführt.